Guido Wolf wusste bereits im Oktober 2012, dass ein Mitglied des EnBW-Ausschusses mit einem Hauptzeugen kungelte. Der Landtagspräsident verteidigt sich: "Ich habe in dieser Sache beileibe ein reines Gewissen."

Stuttgart - Die Affäre um die Weitergabe von Informationen aus dem EnBW-Untersuchungsausschuss weitet sich aus. Nach Angaben der SPD-Landtagsfraktion wusste Landtagspräsident Guido Wolf (CDU) bereits im Oktober 2012, dass ein Ausschussmitglied Informationen aus dem Gremium an einen Zeugen weitergab. SPD-Obmann Sascha Binder erklärte am Dienstag in Stuttgart, Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) habe Wolf am 10. Oktober 2012 schriftlich über diesen Verdacht informiert. Wolf habe den Landtagsausschuss darüber aber nicht in Kenntnis gesetzt. „Damit hat er die Ausschussarbeit behindert“, sagte Binder.

 

Die SPD will Wolf nun als Zeugen laden. Wolf wies die Vorwürfe zurück. „Ich habe mich zu jedem Zeitpunkt korrekt verhalten“, teilte er mit. Aufgrund des Schreibens von Stickelberger habe er davon ausgehen müssen, dass es keinen strafrechtlichen Verdacht gebe. Er verwies auch darauf, dass die grün-rote Landesregierung im Untersuchungsausschuss mit vier Beauftragten vertreten sei. Somit habe die Regierung jederzeit die Möglichkeit gehabt, selbst relevante Sachverhalte in den Ausschuss einzuführen.

"Ein reines Gewissen"

Das Schreiben von Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) sei mit „persönlich/vertraulich“ gekennzeichnet gewesen, erläuterte Wolf. Er habe das als reine Information betrachtet, die er nicht habe an andere weitergeben dürfen. Er habe auch insofern keinen Handlungsbedarf gesehen, da das Ministerium die Angaben über den möglichen Verstoß gegen das Untersuchungsausschussgesetz durch die Regierungsbeauftragten in den Ausschuss hätte einbringen können. „Ich habe in dieser Sache beileibe ein reines Gewissen.“

Unterdessen kündigte CDU-Landesvize Winfried Mack seinen Rückzug aus dem EnBW-Untersuchungsausschuss als Konsequenz aus der Weitergabe von Informationen an Ex-Regierungschef Stefan Mappus (CDU) an. Sein Nachfolger werde bei der nächsten Plenarsitzung benannt, sagte Mack. „Ich habe mich für den formalen Regelverstoß entschuldigt und sehe mein Handeln durchaus kritisch“, betonte Mack.

Am Sonntag war durch einen Bericht bekanntgeworden, dass der stellvertretende CDU-Landeschef und Vize-Fraktionsvorsitzende eine Mail der Landtagsverwaltung zur Aktenlage im Ausschuss an Mappus weitergeleitet hatte. Mack ist stellvertretendes Ausschussmitglied. Im Februar waren bereits Ausschusschef Ulrich Müller (CDU) und CDU-Obmann Volker Schebesta wegen ihrer Kontakte zu Mappus von ihren Ämtern zurückgetreten.

U-Ausschuss soll klären, ob der Kaufpreis für das Aktienpaket angemessen war

Der EnBW-Ausschuss des Landtags soll die Umstände des von Mappus am Parlament vorbei eingefädelten EnBW-Deals aufklären und insbesondere die Frage beantworten, ob der Kaufpreis für das Aktienpaket von 4,7 Milliarden Euro angemessen war.

Wie Binder ausführte, teilte Stickelberger dem Landtagspräsidenten mit, dass Unterlagen möglicherweise an einen Zeugen weitergeleitet wurden und dass ein Ausschussmitglied dafür möglicherweise die Verantwortung trage. Stickelberger habe dabei auf einen möglichen Verstoß gegen das Untersuchungsausschussgesetz hingewiesen. In seiner Funktion als Landtagspräsident wäre es Wolfs Pflicht gewesen, diesen Hinweisen nachzugehen, sagte Binder. Wolf müsse nun erklären, wie er mit diesen Informationen umgegangen sei - ob er darüber zum Beispiel mit dem damaligen Ausschusschef Ulrich Müller gesprochen habe. Stickelberger habe in den Brief an Wolf keine konkreten Namen genannt. Der SPD-Obmann geht aber davon aus, dass es sich um den Fall Ulrich Müller handelte.

Binder rechnet damit, dass sich die Arbeit des Ausschusses bis nach der Sommerpause hinstrecken wird. Die nächste Sitzung am 14. Juni, in der auch Mappus befragt werden soll, sei bereits voll. Binder Wolf am am Dienstag noch nicht zum Rücktritt auffordern. Dafür sei es zu früh - zunächst sei eine Aufklärung der Vorgänge nötig.

Wolf erhielt nach Aussage des CDU-Fraktionschefs Peter Hauk eine als ausdrücklich vertraulich gekennzeichnete Mitteilung von Justizminister Stickelberger. „An diese Vertraulichkeit hat sich Wolf streng gehalten“, sagte Hauk. In erster Linie müsste die SPD den Justizminister fragen, warum er nicht auch die speziell von der Regierung in den Ausschuss berufene Regierungsbeauftragte informiert habe und sie angewiesen habe, den Ausschuss zu unterrichten. „Wir werden deshalb beantragen, den Justizminister in den Ausschuss zu laden, um von ihm zu erfahren, wen er wann und warum informiert hat, beziehungsweise wen aus welchem Grund nicht“, kündigte Hauk an.