Der Verein Haus & Grund warnt davor, dass für Stadtwerke viel Geld ausgegeben wird, ohne dass die Risiken abgeschätzt worden sind.  

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Als die Stadt Stuttgart vor zwölf Jahren ihre Anteile an den Neckarwerken verkauft hat, waren fast alle für diesen Schritt. Jetzt, da die Stadt am Freitag neue Stadtwerke gründet, gibt es kaum jemanden, der dagegen sein will. Am Dienstag hat zumindest der Verein Haus & Grund Stuttgart versucht, eine Gegenstimme zu erheben, wohl wissend, dass diese derzeit kaum einer hören will. "Stadtwerke liegen voll im Zeitgeist", sagte der Vereinsvorsitzende und frühere CDU-Finanzbürgermeister der Stadt, Klaus Lang: "Alle glauben, man besitze damit eine Goldader, mit der sich gefahrlos Kasse machen lässt."

 

Klaus Lang und der Geschäftsführer von Haus & Grund, Ulrich Wecker, sind anderer Meinung: Auf die Stadt kämen große wirtschaftliche Risiken zu. Erstens habe die EnBW keine Verpflichtung, die Wasserrechte an die Stadt zurückzugeben; Stuttgart wird wohl viel Geld dafür bezahlen müssen. Zweitens besitze Stuttgart keine Erfahrung in diesem Bereich. Drittens sinke der Wasserverbrauch und die Einwohnerzahl in Stuttgart. "Es besteht deshalb die große Gefahr, dass das Wasser für den Bürger teurer wird", so Ulrich Wecker. Er empfiehlt deshalb eine Kooperation mit einem erfahrenen Energieunternehmen.

"Ökologische Ausrichtung ist eine Farce"

Gleiches gelte auch für den Strom: Ohne kompetenten Partner könnten die Stadtwerke als "Millionengrab" enden, so Lang. Denn jeder Stuttgarter könne schon heute zu jedem beliebigen Anbieter wechseln; dabei habe er nur den günstigen Preis und die ökologische Herkunft des Stroms im Auge. "Es ist blauäugig anzunehmen, dass neue Stadtwerke ohne entsprechendes Know-how gegenüber etablierten Wettbewerbern bestehen und darüber hinaus dicke Gewinne abwerfen könnten", so Klaus Lang. Auch bei der Rechnung der städtischen Gutachter, die Stadtwerke könnten bis 2020 rund 30.000 Kunden gewinnen, sei wohl der Wunsch der Vater des Gedankens.

Die geplante ökologische Ausrichtung der Stadtwerke sei nur eine Farce. Wenn die Stadt sich mit 70 Millionen Euro etwa an Windparks beteilige, so werde dadurch kein einziges Windrad mehr gebaut- es gebe genügend Kapital in diesem profitablen Markt. "Bei Lichte betrachtet ist das eine reine Finanzanlage", so Wecker.

Haus & Grund warnt also davor, dass für die Stadtwerke viel Geld ausgegeben wird, ohne dass die Risiken abgeschätzt worden sind. Und was den Zeitgeist anlange, könne in fünf Jahren schon wieder eine völlig andere Meinung vorherrschen, meinte Lang.