Die EnBW-Tochter Netze BW erhöht 2016 die Preise für die Durchleitung von Strom durch ihre Leitungen um ein Fünftel. Auch bei Gas steigen die Netzentgelte. Insgesamt könnten auf eine Durchschnittsfamilie jährliche Mehrkosten von fast 80 Euro zukommen.

Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)

Stuttgart - Die EnBW-Tochter Netze BW will im kommenden Jahr die Preise für die Durchleitung von Strom durch ihre Leitungen um durchschnittlich 20 Prozent anheben. Wie das Unternehmen in Stuttgart mitteilte, steigen die im Strompreis enthaltenden Netzentgelte für Haushaltskunden von 6,41 auf 7,46 Cent pro Kilowattstunde. Netze BW ist Betreiber der Stromverteilnetze in mehr als der Hälfte von Baden-Württemberg. Die Netzentgelte gehen in die Kalkulation der Stromanbieter ein und machen fast ein Viertel des Strompreises für Endkunden aus. Für eine Durchschnittsfamilie mit einem Jahresverbrauch von 4000 Kilowattstunden ergeben sich durch die Erhöhung, der die Bundesnetzagentur noch zustimmen muss, zusätzliche Kosten von gut 40 Euro im Jahr.

 

Ob auch die Endkundenpreise in diesem Umfang steigen, hängt von weiteren Faktoren ab – insbesondere von der Preisentwicklung an der Strombörse sowie von der EEG-Umlage zur Ökostromförderung. Während die Börsenpreise weiter rückläufig sind, könnte die EEG-Umlage ersten Schätzungen zufolge wieder etwas steigen. Aktuell beträgt sie 6,17 Cent pro Kilowattstunde. Die exakte Höhe der Umlage für 2016 wird am 15. Oktober bekannt gegeben.

Auch das Zinstief treibt die Netzkosten

Transnet-BW-Chef Christoph Müller begründet die höheren Netzkosten unter anderem mit dem Zinstief an den Finanzmärkten: „Eine Ursache dafür ist, dass wir wie viele andere Unternehmen in der aktuellen Niedrigzinsphase unsere Pensionsrückstellungen erhöhen müssen.“ Auch der Mutterkonzern EnBW gerät – wie berichtet – durch die niedrigen Zinsen unter Druck. Die Pensionslasten sind laut Müller für knapp die Hälfte der angekündigten Netzentgelterhöhung bei Strom verantwortlich.

Der etwas größere Teil der Erhöhung gehe auf das Konto der Energiewende, sagt Müller. Er verweist auf die Kosten für den Anschluss von Windparks im Meer und den steigenden Bedarf an Reservekraftwerken, die zum Ausgleich der schwankenden Stromproduktion aus Sonne und Wind benötigt werden. Diese Kosten fallen nicht bei Netze BW an, sondern beim Übertragungsnetzbetreiber Transnet BW – ebenfalls eine EnBW-Tochter. Transnet BW betreibt die Höchstspannungsleitungen im Land und rangiert damit eine Ebene oberhalb der Netze BW, die sich unter anderem um die Versorgung von Stadtwerken kümmert.

„Die Politik will die Kosten der Energiewende verstecken“

Transnet BW hatte jüngst angekündigt, seine Netzentgelte 2016 um 14 Prozent anzuheben. „Diese Erhöhung müssen wir als Verteilnetzbetreiber weitergeben“, so Müller, der in den kommenden Jahren tendenziell weiter steigende Netzkosten erwartet – etwa durch teure Erdkabel. Generell gebe es in der Politik die Tendenz, „Kosten der Energiewende in den Netzentgelte zu verstecken“, kritisiert der Manager. Im nächsten Jahr komme bei Netze BW noch ein Einmaleffekt hinzu, der zu höheren Netzkosten führe: der schrittweise Übergang des Stuttgarter Stromnetzes an die hiesigen Stadtwerke. Dadurch nehme im Gebiet der Netze BW das Gewicht des ländlichen Raums zu, dessen Versorgung wegen der längeren Leitungswege teurer sei.

Mehrkosten könnten auch auf Gaskunden zukommen. Hier will die Netze BW die Netzentgelte von 1,26 auf 1,57 Cent pro Kilowattstunde anheben. Daraus ergeben sich bei einem Jahresverbrauch von 12 000 Kilowattstunden (100-Quadratmeter-Wohnung) jährliche Mehrkosten von rund 37 Euro. Ob die Endkundenpreise in der gleichen Größenordnung steigen, hängt auch hier von weiteren Faktoren wie dem Großhandelspreis ab, der schon seit einiger Zeit rückläufig ist. Verbraucherschützer monieren, dass die Versorger diesen Rückgang kaum an Endkunden weitergeben würden.