Die Bürgerbegehren gegen Stuttgart 21 hat die Stadt Stuttgart abgelehnt. Doch es ist nie zu spät, über Bahnhofskapazitäten zu sprechen – auch wenn längst gegraben wird, meint der StZ-Redakteur Jörg Nauke.

Stuttgart - Für Verlierer schauen die Initiatoren des gescheiterten Bürgerbegehrens gegen S 21 recht zuversichtlich in die Zukunft. Natürlich haben sie die meisten Projektbefürworter im Gemeinderat nicht überzeugen können, die Frage zu klären, ob der Tiefbahnhof das leisten können wird, was man für mindestens sieben Milliarden Euro erwarten dürfte - also 50 Prozent mehr Verkehr als der heutige Kopfbahnhof. Oder ob bei S 21 ein Drittel der Züge in Untertürkheim halten muss, weil in der Tiefstation kein Platz ist. Da an allen Ecken und Enden der Stadt gebaut und gegraben werde, sei ein Zurück auf Los eh nicht möglich, heißt es dazu im Rathaus.

 

Die Stadt hat den Kritikern aber eine solide zweite Chance gegeben: Das Gutachten, auf das sich Verwaltung und Räte stützten, spielte in der Debatte Anfang Juli im Gemeinderat keine wesentliche Rolle. Das ermöglicht wiederum die Beschwerde beim Regierungspräsidium (RP) und die Prüfung auf sachliche Richtigkeit der Expertise. Wenn der Gutachter so schlampig gearbeitet hat, wie die Projektgegner glauben, nachweisen zu können, müsste das eigentlich auf den Tisch kommen.

Die Bahn hat viel dafür getan, die Zweifel an der – vom aktuellen Baufortschritt unabhängig zu betrachtenden – Leistungsfähigkeit des Tiefbahnhofs zu nähren. So behauptet sie immer noch, S 21 einem glaubwürdigen Stresstest unterzogen zu haben. Das ist die Simulation, bei der Züge den Bahnhof verlassen haben, bevor sie losgefahren sind. Sie ist dem RP aus der Filder-Anhörung zum Thema noch 200 Antworten schuldig, und sie hat im Technikausschuss des Gemeinderats bei der Darstellung der bei S 21 zu erwartenden Personenströme nur die halbe Wahrheit gesagt. Ein Faktencheck, der ein für alle mal alle Unklarheiten beseitigt, ist also überfällig.