Der Kämmerer Michael Föll hat bei der Deutschen Bank gelernt, das Handelsgesetzbuch ist sein Evangelium. Ihm wird vorgeworfen, die Stadt arm zu rechnen, um den Rat kurz halten zu können.

Stuttgart - Bei der Abschiedsfeier des städtischen Personalratsvorsitzenden Uwe Theilen vor einigen Tagen sind dessen prophetischen Fähigkeiten gelobt wurden. Der Nachfolger Markus Freitag hatte mehrfach darauf hingewiesen, dass Theilen stets recht behalten habe mit seiner optimistischen Einschätzung der Haushaltslage – anders als Michael Föll (CDU). Es klang an, dass der Finanzbürgermeister regelmäßig schwarz sehe und damit Personalvertretung und den Gemeinderat kürzer halte, als angemessen wäre.

 

Die Abschlüsse der vergangenen Haushaltsjahre belegen tatsächlich, dass Michael Föll tiefgestapelt hat. Nach der Haushaltskonsolidierung schloss das Jahr 2010 mit 190 Millionen Euro Überschuss – prognostiziert worden war dagegen ein Fehlbetrag von 125,7 Millionen Euro. 2011 waren minus 105,4 Millionen Euro avisiert worden. Ergebnis: 242,5 Millionen Euro plus. 2012 war aus einem erwarteten Fehlbetrag von 8,4 Millionen Euro ein Überschuss von 306,1 Millionen Euro geworden. Die erwartete Schuldenaufnahme blieb wegen höherer Steuereinnahmen aus. Das gilt auch fürs abgelaufene Jahr. Ende 2013 betrug der Schuldenstand nicht etwa 103,6 Millionen Euro, sondern wurde auf den Rekordstand von 27,2 Millionen Euro gesenkt.

Der Kämmerer hat bei der Deutschen Bank gelernt, das Handelsgesetzbuch ist sein Evangelium. Darin ist vom Vorsichtsprinzip die Rede, das verhindern soll, dass die Lage des Unternehmens – oder der Stadt – zu optimistisch dargestellt wird. Es gilt das Prinzip des vorsichtigen Kaufmanns, der sich in Zweifelsfällen im Vergleich zu den tatsächlichen Verhältnissen nicht reicher, sondern ärmer rechnet.

Föll erinnert an eine Mitteilung der LBBW

Ins selbe Horn wie Freitag stößt die SPD mit ihrem Antrag „Landesbank hui – Sportbad pfui?“, der am Mittwoch im Verwaltungsausschuss diskutiert wird. Darin lassen die Genossen, die die Erhöhung des Eigenkapitals bei der LBBW und die Umwandlung von stillen Einlagen in Kernkapital unterstützt hatten und nun für einen Einnahmeausfall von bisher 350 Millionen Euro gerade stehen müssen, Kritik an Föll anklingen.

Denn der Kämmerer hatte vor Beginn der Etatberatungen im vergangenen Dezember vor „womöglich entfallenden“ Dividendenzahlungen der LBBW gewarnt und die Einnahmeerwatungen gesenkt. Der Kämmerer habe damit „in bewährter Weise“ agiert, heißt es. Föll verweist allerdings an die damalige Mitteilung der LBBW, in der sie eine Verzinsung der stillen Einlagen in Aussicht gestellt hatte, nicht mehr aber eine Dividende auf das Kernkapital. Er habe keinesfalls „in bewährter Weise“ gute Nachrichten unterschlagen, sondern verantwortungsbewusst agiert, indem er den Einnahmeansatz von 100 auf 61 Millionen Euro korrigiert hatte. „Man hätte mir einen Vorwurf machen können, wenn ich nicht auf diese Meldung reagiert hätte“, sagt Föll.

Drei Monate später hat die LBBW dann doch eine Dividende zugesagt. „Das sollte kein Wehklagen auslösen“, kommentierte der Vorstandsvorsitzende Hans-Jörg Vetter den Umstand, der Stadt für einen Einsatz von 1,3 Milliarden Euro etwa zwölf Millionen Euro Dividende zu überweisen. Das kann man auch anders sehen: Bis Dezember 2013 hatte Föll nämlich aufgrund von Bankinformationen noch 22,47 Millionen Euro für realistisch erachten dürfen.

Die Anmerkung im SPD-Antrag, die LBBW würde neben der Dividende auch noch Provisionen für die Bürgschaft bezahlen, ist nur teilweise richtig. Die Stadt hat Anspruch auf eine Bezahlung, weil sie mit dem Land und den Sparkassen „toxische Papiere“ absichert; die 60 Millionen Euro pro Jahr überweist die LBBW vorerst aber nicht an die Kämmerei, sondern an den Garantiefonds. Erst in einigen Jahren kann die Stadt mit einer Ausschüttung rechnen.