Der Stuttgarter OB Fritz Kuhn lobt die Computeranimationsbranche als relevanten Wirtschaftsfaktor. Doch der Ausbau des High-Speed-Internets wird wohl noch dauern. Das Thema macht Fritz Kuhn nicht zur Chefsache.

Stuttgart - Die Computeranimationsbranche in der Stadt muss sich aller Voraussicht nach noch eine Weile gedulden, bis in der Landeshauptstadt das Glasfaserkabelnetz für den schnellen Datentransfer aufgerüstet wird. „Ich kann nicht alles zu Chefsache machen, sonst wird es zu viel“, sagte der Rathauschef Fritz Kuhn (Grüne) beim Besuch der Stuttgarter Firma Mackevision im Bosch-Areal. Er sei derzeit dabei, sich einen Überblick über das vorhandene High-Speed-Datennetz zu verschaffen, so Kuhn. Man müsse dann zunächst „Prioritäten festlegen“. Die Branche klagt wie berichtet über Wettbewerbsnachteile durch nicht vorhandene Anbindung an bereits verlegte Glasfaserleitungen und über die hohen Anschlusskosten.

 

Nicht ausschließen wollte Kuhn, dass sich die Stadtwerke bei der Verlegung von Glasfaserleitungen ein neues Geschäftsfeld erschließen könnten. In der Bajuwarenmetropole München haben die dortigen Stadtwerke zumindest die dicht besiedelte Innenstadt weitgehend mit den schnelleren Datenleitungen ausgerüstet. Die städtische Wirtschaftsförderin Ines Aufrecht hatte gegenüber der Stuttgarter Zeitung erklärt, in Stuttgart zunächst müsse geklärt werden, ob die Zuständigkeit für den Ausbau beim Tiefbauamt oder bei der Wirtschaftsförderung liege.

Kuhn lobt die gute Ausbildung für die Filmbranche

Der Anlass für Kuhns Visite: Mackevision hatte kürzlich den amerikanischen Fernsehoscar Emmy für die visuellen, computeranimierten Effekte in der vierten Staffel der US-Fantasyserie „Game of Thrones“ eingeheimst, worauf natürlich auch der Rathauschef ausgesprochen stolz ist: „Ich sehe in der Kreativbranche und insbesondere im computeranimierten Film eine der großen Zukunftsbranchen der Stadt“, erklärte der OB bei seiner Gratulationscour.

Stuttgart sei ein gutes Pflaster für die Filmwirtschaft: „Wir bilden auf hohem Niveau aus und bemühen uns um gute Rahmenbedingungen.“ Dazu zählen für Kuhn neben der Ausbildung auch die Unterstützung bei der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten sowie eine Anschubfinanzierung für prestigeträchtige Projekte. Nicht mithalten könne man im internationalen Vergleich allerdings bei steuerlichen Vergünstigungen, bremste der OB allzu große Erwartungen.

Während sich Firmen wie Mackevision mit rund 140 festangestellten Mitarbeitern zunehmend auch als Wirtschaftsfaktor begreifen, wird ihre Arbeit bislang überwiegend aus den Töpfen der Kulturförderung finanziell unterstützt. Für Kuhn durchaus ein Vorteil: „Da ist manchmal mehr herauszuholen.“ Aber auch wirtschaftlich sei die Kreativbranche insgesamt eine relevante Größe in der Stadt und in der Region. „Wenn ich über Stuttgart spreche, nenne ich nicht nur Daimler und Porsche, sondern auch immer die Animationsfilmbranche“, so der OB.

Mackevision-Geschäftsführer Armin Pohl plagen derweil noch andere Sorgen: Der passionierte Autofahrer sieht in der „Staustadt Stuttgart“ ebenfalls einen Standortnachteil für seine Branche und die Wirtschaft insgesamt. Auch das von Kuhn angepriesene städtische Jobticket als Instrument zur Eindämmung des motorisierten Individualverkehrs konnte Pohl nicht überzeugen: „Wenn Mitarbeiter aus Nürtingen mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen, sind sie ewig unterwegs.“ Ein weiteres Problem bei der Rekrutierung von qualifizierten Mitarbeitern ist die Wohnungsfrage: „Unsere Bewerber würden am liebsten alle im Westen wohnen“, so Pohl. Ein Wunsch, den auch der OB kaum erfüllen können wird.