Der Produktionsvorstand von DB Netz und Ex-Daimler-Manager soll die größte Güterbahn Europas wieder in die Spur bringen. Die Industrie kritisiert, dass Lieferengpässe auf der Schiene das Ausweichen auf Lastwagen notwendig machen.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Bei der Deutschen Bahn AG wird eine weitere wichtige Führungsposition neu besetzt. Roland Bosch, bisher Produktionsvorstand der DB Netz AG, wechselt an die Spitze der DB Cargo AG. Der Aufsichtsrat der größten Güterbahn Europas wird den Führungswechsel am Mittwoch in einer außerordentlichen Sitzung beschließen.

 

Mit Bosch rückt ein weiterer früherer Daimler-Manager in eine Topposition beim größten deutschen Staatskonzern. Auch die früheren DB-Chefs Rüdiger Grube, Hartmut Mehdorn und Heinz Dürr waren zuvor bei dem Autohersteller. Bosch kam im Oktober 2010 zur DB Netz, nachdem Grube Bahn-Chef geworden war. Zuvor war Bosch acht Jahre bei Daimler und lange Zeit für Finanzen und Controlling der Chinageschäfte zuständig. Seine Karriere startete der diplomierte Kaufmann und Physiker, der an der Universität Tübingen zudem in Politikwissenschaften promovierte, bei der Boston Consulting Group. 2002 kam er als Direktor für strategische Planung für die Asiengeschäfte zu Daimler. Bei der DB Netz übernahm der Manager erst die Finanzsparte und drei Jahre später den gesamten Produktionsbereich, nachdem sein Vorgänger wegen des Stellwerkdebakels im Mainzer Hauptbahnhof hatte gehen müssen.

DB Cargo soll verlorene Marktanteile zurückerobern

Bei der seit Jahren defizitären DB Cargo tritt Bosch ebenfalls in einer heiklen Situation an. Sein Vorgänger Jürgen Wilder, ein früherer Siemens-Manager, scheiterte mit den Sanierungskonzepten am Widerstand der Arbeitnehmerseite. Die Rotstiftpläne, die noch unter Grube von der US-Beratung McKinsey entwickelt wurden und die Streichung mehrerer Tausend Stellen vorsahen, wurden inzwischen aufgegeben. Nun soll DB Cargo mit einem Wachstumskonzept wieder in die Offensive gehen und an Lkw-Speditionen und private Güterbahnen verlorene Marktanteile zurückgewinnen. Dafür werden neue Mitarbeiter gesucht, besonders Lokführer fehlen. Auf Arbeitnehmerseite hofft man, dass Bosch nach zahlreichen Führungswechseln die Frachtbahn endlich wieder in die Spur bringt und „zurück zu guter Qualität und Wachstum führt“, wie dort betont wird. Mit dem Konzept „Güterarbeit 2030“ haben Betriebsrat und Gewerkschaft EVG eine eigene Strategie dafür vorgelegt.

Die Situation im Unternehmen bleibt aber angespannt, es fehlen Personal und Züge. Besonders Stahl- und Chemiekonzerne beklagten in diesem Jahr wiederholt eine unzureichende Versorgung mit Leerwagen, die sogar zu Produktionsausfällen geführt habe. Aktuell gibt es Beschwerden aus dem bayerischen Chemiedreieck, dass die Belieferung mit Rohstoffen auf der Schiene nicht mehr zuverlässig sei und deshalb bereits Lkw-Transporte eingesetzt werden müssen.

Die Bahn verweist auf Schwierigkeiten durch schwere Unwetter

Bei der DB Cargo heißt es auf Anfrage dazu, die schweren Unwetter der letzten Monate hätten zu besonderen Herausforderungen geführt. Bessere Qualität und Verlässlichkeit soll die Anschaffung von 100 neuen Loks und 4000 Güterwagen bringen, zudem sollen 700 Mitarbeiter in den nächsten Jahren eingestellt werden, vor allem Lokführer, Wagenmeister und Rangierer. Es werde derzeit intensiv nach Bewerbern gesucht. Für die bessere Versorgung der Kunden im bayerischen Chemiedreieck habe man etliche Sofortmaßnahmen eingeleitet.

Falls Bosch Erfolg hat, könnte ein weiterer Aufstieg winken. Im kommenden Jahr übernimmt der Bankmanager Alexander Doll die Frachtsparte, zu der die Güterbahn und die Lkw-Spedition Schenker gehören. Als denkbar gilt, dass Doll Schenker verkaufen soll und danach von Bahn-Chef Richard Lutz die Finanzsparte übernimmt, um diesen von der Doppelfunktion zu entlasten. Dann könnte Bosch beim Staatskonzern weiter aufrücken. www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.schnellere-verbindungen-bahn-will-air-berlin-pleite-fuer-sich-nutzen.b6bea6da-25cf-4a4d-a801-9b9bfc0d83e0.html www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.bahnindustrie-bombardier-verzichtet-auf-kuendigungen.12345f25-9a14-4110-8aeb-a6b3b7fe381f.html www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.verspaetungen-bei-der-bahn-zuggaeste-warten-auf-entschaedigung.16199596-8276-416d-a006-9dbad7f25d14.html