Die Geislinger Seelsorgerin Margret Ehni arbeitet mit im Team der Palliativstation der Geislinger Helfensteinklinik. Dort begleitet sie schwer kranke Menschen in deren letzter Lebensphase.

Region: Corinna Meinke (com)

Geislingen - Es ist Halbzeit für Margret Ehni. Die Pfarrerin aus Geislingen hat eine auf fünf Jahre angelegte Projektstelle inne, die die Württembergische Evangelische Landeskirche eigens für Seelsorge in der Palliativversorgung eingerichtet hat. Seit drei Jahren kümmert sich die Theologin um die Analyse der Seelsorgearbeit und die Entwicklung einer Konzeption, schult künftige Palliativseelsorger und arbeitet im Team der Palliativstation in der Geislinger Helfensteinklinik.

 

Der ureigene Auftrag der Kirche

Das Thema müsse in die Breite, schließlich handle es sich um den ureigenen Auftrag der Kirche, beschreibt Ehni ihre Motivation, unheilbar Kranke auf ihrem letzten Lebensweg spirituell zu begleiten. Die Theologin erinnert an die biblisch begründete Tradition, sich um Leidende und Kranke zu kümmern, und sieht sich mit allen anderen Palliativtheologen sozusagen direkt in den Fußstapfen Jesu.

Margret Ehni verbindet gerne Theorie und Praxis. Bereits in ihrem früheren Wirkungsbereich als Seelsorgerin in Calw-Holzbronn war sie als Referentin tätig und richtete nebenbei an der Klinik in Calw gemeinsam mit dem dortigen Förderverein ein Palliativzimmer ein.

Netzwerke sollen geknüpft werden

Auch an ihrem Auftrag in Geislingen reizen Ehni die vielfältigen Herausforderungen. Zunächst ist da die 50-Prozent-Projektstelle, mit deren Hilfe die Theologin im Dienste der Landeskirche die Strukturen für die Palliativseelsorge sichten, Netzwerke knüpfen und ihrer Erkenntnisse in einem Konzept zusammenfassen möchte. Eine wichtige Grundlage für diese konzeptionelle Arbeit sind unter anderem die Interviews mit 29 Kollegen und Kolleginnen aus der Palliativseelsorge, die Ehni gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen des Palliativmedizinischen Lehrstuhls des Universitätsklinikums Freiburg auswertet.

Enger Austausch mit dem Ehemann und Klinikseelsorger

Außerdem ist die mit Ehni besetzte Projektstelle mit der Krankenhausseelsorgestelle an der Geislinger Helfensteinklinik verknüpft, die Ehnis Ehemann Volker Weiß innehat. Die Theologin, die auch als Supervisorin und Coach arbeitet, bringt sich als Seelsorgerin auf der Palliativstation der Helfensteinklinik ein. Ihr Mann betreut als Klinikseelsorger die anderen Stationen. Ehni schätzt neben dem direkten Kontakt zu den Kranken und Angehörigen vor allem die Arbeit in einem multidisziplinären Team, weil dabei zahlreiche unterschiedliche Professionen gemeinsam an derselben Aufgabe arbeiten.

Schmerzfreiheit und Lebensqualität sind die Ziele

Zum Geislinger Team zählen neben palliativ geschulten Ärzten und Pflegekräften auch eine Physiotherapeutin, eine Sozialarbeiterin, eine Psychologin, eine Musikerin. Ähnlich wie in der Hospizarbeit, aus der sich der palliative Ansatz entwickelt hat, gehe es ihnen nicht primär um lebensverlängernde Maßnahmen, erläutert Ehni. Vielmehr stehe in der Geislinger Palliativstation die Lebensqualität und die Schmerzfreiheit der schwer kranken Menschen im Vordergrund.

Seelischen Nöten mit Achtsamkeit begegnen

Über die körperlichen Leiden hinaus gebe es selbstverständlich viele seelische Nöte, die die Kranken belasteten, sagt Ehni und berichtet von Beziehungsproblemen und Sorgen wie beispielsweise die einer Patientin um deren Mann, der sich nicht mit der Tatsache beschäftigen wolle, dass sich seine Frau in der Endphase einer unheilbaren Krankheit befinde. In solchen Fällen sei der Beistand manchmal eine anstrengende, aber zugleich auch erfüllende Aufgabe, die vom gesamten Team Achtsamkeit und Sensibilität erfordere. Gerade als Palliativseelsorgerin werde man mit den zentralen existenziellen Fragen konfrontiert. Dazu zählten Fragen nach einem Leben nach dem Tod, nach dem, was bleibt, nach dem Sinn des Lebens und danach, was jemand hinterlässt.

Rituale können entlastend wirken

Manchmal seien es die Kranken selbst, manchmal die Angehörigen, die in dieser letzten Lebensphase eine große Sprach- und Hilflosigkeit und Ängste erlebten, berichtet Margret Ehni. Entlastend seien ihrer Erfahrung nach immer wieder Rituale, auch jene aus der biblischen Tradition wie Gebete und Segnungshandlungen, Abendmahl, Salbungen und Singen. Bei Menschen ohne christliche Orientierung nutzt die Theologin auch andere Quellen: „Wir begleiten Menschen anhand ihrer eigenen Bilder und Geschichten. Was wir einbringen, ist nur ein Angebot, da wird nicht indoktriniert.“ Für ihre Arbeit in der Palliativseelsorge wünscht sich Ehni, „dass wir die Menschen so begleiten, dass sie sich unterstützt fühlen und Zugang zu den für sie wichtigen Ressourcen bekommen, um Frieden zu finden“.