Die europäische Notenbank will mehr Inflation. Doch sie darf die Folgen ihrer Geldpolitik nicht ignorieren, findet die StZ-Korrespondentin Barbara Schäder.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Mehr Inflation – koste es, was es wolle. Ähnliches hat man von der Europäischen Zentralbank (EZB) schon einmal gehört: 2012 sagte ihr Präsident Mario Draghi, die Notenbank werde „alles tun, was notwendig ist“, um den Euro zu retten. Konkret: Die EZB werde Krisenländern notfalls mit dem Kauf von Staatsanleihen unter die Arme greifen.

 

Kritiker werfen Draghi deswegen einen Verstoß gegen den EU-Vertrag vor. Das Bundesverfassungsgericht vermutet eine Kompetenzüberschreitung. Auch wenn Draghi mit seiner nie umgesetzten Ankündigung die Eurokrise entschärft hat: Klar ist, dass die EZB jedenfalls an die Grenzen ihres Mandats gegangen ist.

Deshalb ist es bemerkenswert, dass ihr Vizepräsident Vítor Constâncio nun strikt auf den EU-Vertrag pocht. Es stimmt, dass dort die Preisstabilität als oberstes Ziel der EZB festgeschrieben ist. Daraus jedoch abzuleiten, dass eine Inflationsrate nahe zwei Prozent ohne Rücksicht auf Verluste herbeigeführt werden müsse, ist mehr als fragwürdig. Erste Anzeichen für Preisblasen aufgrund der Niedrigzinsstrategie der EZB gibt es bereits. Wenn sie noch mehr billiges Geld in den Markt pumpt, wird diese Gefahr zunehmen – ein Risiko, das durch die niedrige Inflation nicht gerechtfertigt ist. Die EZB hat vor zwei Jahren Pragmatismus bewiesen – warum nicht jetzt?