Die AfD hat nun im Stuttgarter Gemeinderat Fraktionsstärke. Ihr neues Mitglied, Ex-FDP-Chef Bernd Klingler, leitet die Fraktion gemeinsam mit Stadtrat Lothar Maier. Klinglers Ambitionen gehen noch weiter: er schließt eine Kandidatur bei der Landtagswahl 2016 nicht aus.

Stuttgart - Der ehemalige FDP-Fraktionschef im Stuttgarter Gemeinderat, Bernd Klingler, leitet nach seinem Austritt gemeinsam mit Stadtrat Lothar Maier die rechtskonservative Alternative für Deutschland (AfD). Er wird auch Mitglied im Kreisvorstand und schließt sogar eine Landtagskandidatur 2016 nicht aus. Maier sagte, er sehe viele Schnittmengen zwischen dem 47-jährigen Werbefachmann aus Weilimdorf und der AfD und erklärte den Freitag zum „historischen Tag“: Acht Monate nach der Kommunalwahl, bei der die neue Partei drei Sitze errang, erfahre sie nun „eine Standeserhöhung“. Durch Klinglers Wechsel wird aus der Gruppierung eine Fraktion. Das könnte sich aber schnell wieder ändern, da gegen Stadtrat Heinrich Fiechtner ein Parteiordnungsverfahren läuft und für die AfD die Gefahr besteht, dass er im Falle eines Ausschlusses als Einzelstadtrat weitermachen würde.

 

Die Stadt muss den Sitzplan erneut ändern

Für die AfD bedeutet die Umetikettierung erst einmal weitere Sitze in diversen Ausschüssen und Aufsichtsräten und rund 70 000 Euro zusätzliche Finanzmittel pro Jahr. Ein Vertreter sitzt nun auch im Ältestenrat. Leidtragende sind die Liberalen, die in gleichem Maße Geld und Würden verlieren. Und die Stadtverwaltung. Sie muss den Sitzplan erneut ändern.

Klingler war nach internen Streitigkeiten um die korrekte Führung der FDP-Fraktionskasse Ende 2014 als Fraktionschef zurückgetreten. Gegen ihn ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Untreue, nachdem seine drei Exkollegen das Rechnungsprüfungsamt eingeschaltet hatten. Bei der AfD führt Lothar Maier die Kasse. Klingler betonte, dass er aber kein Problem damit hätte, die Aufgabe zu übernehmen, falls man ihn damit betrauen würde.

FDP-Stadträte seien „die Sargnägel der Fraktion“

Der Ex-Liberale erhob in einer Pressekonferenz schwere Vorwürfe gegen seine ehemaligen Mitstreiter. Die Stadträte Sibel Yüksel, Matthias Oechsner und sein einst väterlicher Freund Heinz Lübbe seien „die Sargnägel der FDP“. Freunde hätten sich als „Heckenschützen“ entpuppt. Als „Zugpferd“ der Partei, als Verantwortlicher für den relativen Erfolg bei der Kommunalwahl, sei er „mit Dreckbollen beworfen worden“. Er habe sich in der Affäre nichts vorzuwerfen. Die Barentnahme sei „rechtskonform“ gewesen. An die Adresse des Kreisvorsitzenden Armin Serwani, der Klingler aufgefordert hatte, sein Mandat zurückzugeben, damit die FDP einen Nachrücker bestellen könnte, sagte Klingler: „Er muss aufpassen, was er sagt und sich nicht als Richter aufspielen, sonst wird der Rechtsweg beschritten.“ Vor fünf Jahren war der FDP mit Rose von Stein schon einmal eine Fraktionschefin abhanden gekommen. Sie hatte ihren Sitz zu den Freien Wählern mitgenommen. Klingler hatte seinerzeit dieses Verhalten kritisiert. Am Freitag räumte er erst ein, die Fälle seien vergleichbar; dann sagte er, von Stein habe damals nur eine Wahl verloren, er sei dagegen persönlich attackiert worden.

Über seine neuen Kollegen sagt der Neuzugang, er finde alle drei „interessant, intelligent und sympathisch“. Überlappungen sehe er bei Wirtschafts-, Verkehrs- und Flüchtlingspolitik. Er teile aber nicht alle Ansichten. So habe er etwa kein Interesse, den Posten der Gleichstellungsbeauftragten abzuschaffen, und er sei auch nicht – wie etwa Stadtrat Heinrich Fiechtner – gegen Abtreibung. Eine Teilnahme an einer Pegida-Demonstration schloss er dagegen nicht kategorisch aus. „Man muss sich überlegen, warum diese Bewegung einen solchen Zulauf hat“, warb er für Verständnis. Man dürfe nicht alle Teilnehmer über einen Kamm scheren. Extremisten würden auch bei „linken Auftrieben wie der Montagsdemo in Stuttgart“ teilnehmen.

Klingler will mit der CDU gesprochen haben

Die CDU-Fraktionsführung widersprach am Freitag Klinglers Behauptung, sie habe ihm Avancen gemacht. Es habe kein Angebot gegeben. Der Betroffene bleibt dabei: Es habe Gespräche „mit Mandatsträgern“ gegeben. Die neue Frontfigur bei der AfD geht davon aus, wie bisher mit den Fraktionen, ausgenommen SÖS-Linke-Plus, Schnittmengen auszutarieren und zusammenzuarbeiten. Er erwarte keine Vorbehalte – „ich bin doch immer noch der selbe Bernd Klingler“.