Den geschädigten Hausbesitzern werden zinslose Darlehen als Soforthilfe vermittelt. Die Bohrfirmen bemühen sich um Schadensbegrenzung.

Leonberg - "Warum haben Sie nicht geholfen, das Loch abzudichten?" Bei der Frage muss der Sprecher des Bundesverbands Geothermie, dem 900 Bohrfirmen angehören, nicht lange überlegen: "Wir haben als Verband Hilfe angeboten", antwortete Stefan Schiessl schnell. "Aber es ist ein rechtliches Problem, bei der Sanierung mitzuarbeiten, die Zuständigkeiten sind nicht geklärt."

 

Gemeinsam mit seinem Vorstandskollegen Jakob Sierig bemühte er sich bei der Pressekonferenz im Stuttgarter Maritim-Hotel um Schadensbegrenzung für ihre Branche: "Wir haben verstanden, dass etwas verändert werden muss", sagte Stefan Schiessl. Er ist Bohrmeister bei einem Geothermie-Unternehmen und zeigte sich bestürzt über das mutmaßliche Debakel seines Berufsstandes in Leonberg (Kreis Böblingen). "Deshalb haben wir kurzfristig Maßnahmen beschlossen, in enger Abstimmung mit der Landesregierung." Der Bundesverband Geothermie bietet den Eltinger Geschädigten eine Beratung an.

Kostenlose Analyse durch Sachverständige

Dazu wird es von nächster Woche an eine Info-Hotline geben, die über die Webseite www.geothermie.de zu erreichen ist. Innerhalb von fünf Tagen verspricht der Verband eine kostenlose Analyse durch Sachverständige. "Als rechtlich verbindliches Gutachten kann man das allerdings nicht nutzen", erklärte Sierig.

Noch ein zweites Hilfsangebot will der Verband aufstellen. "Wir machen jetzt unsere Hausaufgaben. Für Betroffene von Bohrunfällen richten wir Soforthilfeangebote ein", so Schiessl. Über einen Kredit oder Fonds sollen die Geothermie-Opfer Sicherungen an den Gebäuden finanzieren können, Gutachter beauftragen, die für die Versicherung den Schaden ermitteln, und gegebenenfalls auch Hotelübernachtungen bezahlen. "Wir prüfen eine Summe zwischen 15.000 und 30.000 Euro pro Fall", sagt Schiessl. Für die Eltinger kommt das jedoch zu spät. Diese Unterstützung soll ausschließlich Opfern von Bohrschäden zugute kommen, die sich eventuell noch in der Zukunft ereignen.

Landkreis und die Stadt ünterstützen die Hausbesitzer

Dennoch äußerte sich das baden-württembergische Umweltministerium zufrieden: "Es ist erfreulich, dass die Branche offenbar begriffen hat, dass die Verursacher ihrer Verantwortung gerecht werden müssen und sie nicht auf die Allgemeinheit abwälzen können", hieß es in einer Mitteilung. Mit dieser Argumentation hatte es das Ministerium stets abgelehnt, die betroffenen Eltinger finanziell zu unterstützen.

Dafür unterstützen nun der Landkreis und die Stadt Leonberg die 24 Hausbesitzer. Ihnen werden zinslose Darlehen vermittelt. Die Kosten für die Gebühren und Zinsen von 7000 Euro teilen sich die Stadt Leonberg und der Landkreis. Maximal 5000 Euro können Betroffene abrufen. Als Stadt und Kreis diese Regelung  im Leonberger Rathaus präsentierten, ist es zum Eklat gekommen. Der Oberbürgermeister Bernhard Schuler untersagte dem Sprecher der Hausbesitzer, Wolfgang Schaal, eine Wortmeldung. Daraufhin verließ dieser wütend den Saal und warf der Verwaltung "Geheimniskrämerei" vor.

Die grün-rote Regierung hat Konsequenzen gezogen

Der Landrat Roland Bernhard nannte den Kredit "ein wichtiges Zeichen" Es könne aber nicht die Aufgabe der Kreiskasse sein, Landesaufgaben zu finanzieren", monierte der Landrat, dessen Behörde die Bohrung nach den Vorgaben des Landes genehmigt hatte.

Konsequenzen hat die grün-rote Regierung aus den Vorfällen gleichwohl gezogen: Erdwärmebohrungen dürfen jetzt nur noch innerhalb des obersten Grundwasserstockwerks durchgeführt werden. Damit könne man ausschließen, dass zwei Grundwasserschichten durch die Bohrungen miteinander vermischt würden. Dies hatte in Eltingen offenbar die Schäden ausgelöst.

Baden-Württemberg für Geothermie geeignet

Genau diese Konsequenz erfüllt die Branche denn auch mit großen Sorgen: "Landesweit betrifft so ein Verbot vermutlich 500 bis 1000 Geothermiebohrungen", schätzt Jakob Sierig vom Geothermieverband, und sagt voraus: "Wenn das der Status quo ist, geht in spätestens drei Monaten die Hälfte aller Bohrfirmen im Südwesten pleite." Dabei sei Baden-Württemberg für Geothermie geeignet. Mehr als 10.000 Projekte seien hier verwirklicht worden. Mit 30 Prozent aller Anlagen liege das Land im Bundesvergleich ganz weit vorne. "Baden-Württemberg soll zum Musterland für Geothermie werden", fordert Sierig, dessen Branche weiter aktiv sein will.

Sein Verband will mit dem Verband Wärmepumpe ein Regelwerk für die Nutzung von Erdwärme erstellen. Zudem sollen Mitarbeiter in Bohrfirmen und Genehmigungsstellen besser geschult werden.