Geht es um die Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Stuttgart, kommen Möhringen und Vaihingen eine herausragende Bedeutung zu.

Möhringen/Vaihingen - Manchmal fällt es schwer, sich Zahlen vor dem geistigen Auge vorzustellen. Was sind schon 529 634 Quadratmeter? Ja, dabei handelt es sich um fast 53 Hektar. Deutlicher werden die Ziffern aber erst in Verbindung mit einem Bild. Einem Fußballfeld, zum Beispiel, Standardgröße Bundesliga. 74 Stück sind es insgesamt, und diese stehen in Möhringen und Vaihingen als gewerblich nutzbare Potenzialflächen zur Verfügung. Sprich, auf einem Areal von 74 Fußballfeldern könnten neue Bürohäuser in die Höhe wachsen, Lagerhallen entstehen oder Handwerksbetriebe angesiedelt werden. Und das nur dadurch, indem bestehende Lücken geschlossen werden.

 

Nachverdichtung ist in aller Munde, wenn es um Wohnungen geht. Um keine neuen Wohngebiete ausweisen zu müssen, werden selbst Grünstreifen mit Einfamilienhäusern versehen. Die gleiche Idee wendet nun die Stadt an, wenn es um Gewerbeflächen geht. In der aktuellen Zeitstufenliste Gewerbe, die ob des großen Umfangs des Unterfangens mit Zahlen aus 2014 arbeitet, hat das Referat des Baubürgermeisters Peter Pätzold 205 Einzelflächen mit einer Gesamtgröße von 252 Hektar identifiziert, die wahlweise brach liegen, als Parkplatz genutzt werden oder die Gebäude darauf leer stehen oder deutlich aufgestockt werden könnten. Und ein Fünftel dieses Entwicklungspotenzials befindet sich in Möhringen und Vaihingen – was die herausragende Bedeutung des Standorts für die künftige Entwicklung der Wirtschaft in Stuttgart verdeutlicht.

In Möhringen könnte der Daimler-Parkplatz bebaut werden

Manche dieser Flächen sind freilich erst langfristig verfügbar oder ergeben erst auf den zweiten Blick einen Sinn. Dazu gehört etwa die Tankstelle an der Vaihinger Industriestraße samt benachbarten Gasbehältern der EnBW oder auch der Parkplatz vor der ehemaligen Daimler-Zentrale in Möhringen. Und die allermeisten dieser Flächen befinden sich zudem in Privatbesitz, oft verteilt auf mehrere Eigentümer, sodass eine rasche Entwicklung ebenfalls fraglich erscheint und oft auch gar nicht erwünscht ist.

Im Vaihinger Ortskern gibt es das geringste Potenzial mit lediglich 2,3 Hektar. Dazu zählt zum Beispiel das Postgelände in der Nähe des Schillerplatzes. Im Gewerbegebiet Fasanenhof gibt es derzeit vier Flächen mit insgesamt 3,1 Hektar, auf der sich Betriebe ansiedeln könnten. Im Möhringer Ortskern und Randgebieten sind es 4,4 Hektar, die dereinst zur Verfügung stehen könnten.

Der Synergiepark bietet das größte Potenzial

Die weitaus größten Potenziale gibt es, wenig verwunderlich, im Synergiepark genannten Gewerbegebiet Vaihingen/Möhringen. Dort gibt es mehr als 20 größere und kleinere Flächen, die sich auf 23,3 Hektar summieren. Bedeutendster Einzelposten ist dabei das Areal, das vom Buchgroßhändler KNO im Jahr 2013 an einen Investor verkauft wurde. Ein Teil des Geländes wird bereits entwickelt. Der weitaus größere Batzen, insgesamt fast 65 000 Quadratmeter, kommen erst noch. Darüber hinaus gibt es so illustre und seit Jahren darbende Projekte wie die Bebauung des Aurelis-Areals oder den Abriss des ehemaligen Hudson-Firmengebäudes.

Angesichts der üppigen Reserven geht die in Vaihingen ansässige Wirtschafts- und Industrievereinigung trotzdem nicht davon aus, dass die Flächen nicht zu vermarkten wären. „Die Nachfrage ist da, und ich kenne große und namhafte Unternehmen, die in Vaihingen nach Büroflächen im fünfstelligen Quadratmeterbereich suchen“, sagt Gunnar Krehle, der Leiter der Geschäftsstelle. Für viele sei es auch wichtig, den Firmenstandort in Stuttgart zu haben und nicht im Umland.

In Vaihingen schielen die Planer auf den Eiermann-Campus

Trotzdem stehen die Interessenten nicht Schlange – und zwar aus einem anderen Grund. „Wir haben Immobilienmakler in der Vereinigung, und sie haben große Probleme, Flächen an den Mann zu bringen.“ Und zwar wegen der schlechten Verkehrsanbindung. „Mittlerweile arbeiten im Synergiepark 22 000 Menschen“, sagt Krehle. Die Nord-Süd-Straße ist aber überlastet, und „ich habe das Gefühl, dass man sich schwer tut, da etwas zu machen“.

Auch wenn derzeit niemand so recht weiß, wie es mit dem Eiermann-Campus weitergehen wird, ist die Stadtverwaltung davon überzeugt, dass dort in den nächsten fünf Jahren auf einer Fläche von 19,6 Hektar ein Innovations- und Technologiestandort entstehen könnte. Die ehemalige IBM-Zentrale am Westrand Vaihingens steht seit Jahren leer und verfällt zusehends. Doch scheuten sich bisher die Investoren, Geld in die Hand zu nehmen, weil das Gebäudeensemble unter Denkmalschutz steht.

Dabei könnte es auch zu einer Konkurrenzsituation mit dem Wohnungsbau kommen. Denn in der Zeitstufenliste Wohnen, übrigens ebenfalls 2014, haben die Planer vermerkt, dass dort bis zu 500 neue Wohnungen entstehen könnten. Gedankenspiele freilich, denn auch dafür hat sich noch kein Geldgeber gefunden. Doch wird das Thema Nachverdichtung bei Wohnimmobilien von Seiten des Rathauses stärker forciert als Nachverdichtung von Gewerbegebieten.