Am Donnerstag haben etwa 100 Bürger gegen das geplante Allianz-Zentrum an der Heßbrühlstraße in Stuttgart-Dürrlewang protestiert.

Vaihingen - Finger weg von unseren Wohnungen. Wir wollen bleiben!“ So steht es auf einem Transparent, das zwei Damen am Schillerplatz entrollt haben. Dort haben sich am Donnerstagnachmittag die Teilnehmer einer Demonstration gegen die Pläne zur Errichtung einer neuen Allianz-Zentrale im Industriegebiet Vaihingen-Möhringen versammelt. Zum Protest aufgerufen hatte die parteiunabhängige Gruppe Vaihingen ökologisch sozial (VÖS).

 

Was die Kritiker des Projekts umtreibt, lässt sich an den Slogans ablesen: Verkehrschaos, die Versiegelung einer weiteren Grünfläche oder der drohende Verlust von Wohnraum. „Welche Chancen haben wir noch, das aufzuhalten, wo der Architektenwettbewerb doch beschlossen ist?“, fragte eine Passantin Reinhard König. Der stellvertretende Bezirksbeirat der Fraktion SÖS/Linke-plus in Stuttgart-Vaihingen zeigte sich zuversichtlich: „Wir haben mehr als 1000 Unterschriften gegen die Allianz-Stadt gesammelt. Die Beteiligung an der Bürgerbefragung war groß und zeigte, wie viele Projektgegner es gibt. Wenn wir heute ein gutes Zeichen setzen, dann ist noch nichts verloren.“ Wenig später setzte sich der Demonstrationszug in Bewegung. Trotz empfindlicher Kälte fanden sich etwa 100 Teilnehmer ein.

45 000 Einwohner versus 60 000 Arbeitsplätze

Hans-Jörg Jäckel lebt in Stuttgart-Mitte. Das Problem betreffe nicht nur den Stadtbezirk, da es auch um die Frischluftzufuhr in Richtung Innenstadt gehe, sagte er und fügte hinzu: „So lange unklar ist, wie das erhöhte Verkehrsaufkommen bewältigt werden soll, darf hier nicht gebaut werden. 4000 neue Arbeitsplätze von Daimler im Synergie-Park würden bereits eine Unmenge weiterer Pendler bedeuten. Mit der Allianz könnten noch einmal so viele hinzukommen. „Es muss ein Konzept her.“

Der Bezirksbeirat Gerhard Wick (SÖS/ Linke-plus) sieht ein grundsätzliches Missverhältnis zwischen der Entwicklung Vaihingens als Wohnort und als Wirtschaftsstandort: „Wir haben hier 45 000 Einwohner, aber 60 000 Arbeitsplätze“, rechnete er vor. Oberbürgermeister Fritz Kuhn und sein Baubürgermeister Peter Pätzold sollten sich an die einstigen Ideale der Grünen erinnern und sich stärker um ökologische Gesichtspunkte und die Bedürfnisse der Bürger kümmern.

Stadträte der SÖS/Linke-plus sichern ihre Unterstützung zu

„Früher waren hier Felder bis hinüber nach Möhringen“, erinnerte sich Manfred Kluge. Der Demonstrationszug war beim Allianz-Gelände an der Ecke Liebknechtstraße/Heßbrühlstraße angelangt, wo die Abschlusskundgebung stattfinden sollte. Kluge lebt seit 46 Jahren in einem der nun vom Abriss bedrohten SWSG-Häuser. Auf dem Rednerpodest gab er sich kämpferisch. Entschieden verwahre er sich dagegen, der Allianz den Baugrund mit den Wohnungen „als zusätzliches Bonbon“ anzubieten, wie es die Stadt vorhabe. „Wir Anwohner sind über die Jahre zu einer Familie zusammengewachsen. Dass das geopfert werden soll, ist der Gipfel des Unzumutbaren.“ Große Hoffnung, dass das Projekt aufzuhalten ist, hat der Schlosser nicht. „Die Allianz erfüllt alle Auflagen, und seien wir ehrlich: Dem Kapital haben wir im Grunde nichts entgegenzusetzen.“

Mut machten den Versammelten Hannes Rockenbauch und Luigi Pantisano, deren Fraktion SÖS/Linke-plus im Gemeinderat Position gegen eine mögliche Änderung des Flächennutzungsplans zu Gunsten des Bauvorhabens bezogen hat. Sie sicherten den Demonstranten ihre Unterstützung zu. Im Vaihinger Bezirksbeirat, der sich fraktionsübergreifend gegen den neuen Allianz-Hauptsitz an dieser Stelle ausgesprochen hat, wird das Thema am Dienstag ein weiteres Mal thematisiert.