Er war ein Linker, er war gegen den Irak-Krieg und er hat mit dem Oklahoma-Attentäter Timothy McVeigh Briefe ausgetauscht. Der Schriftsteller Gore Vidal war einer der letzten Literaten, deren Prominenz weit über die Kulturszene hinausreichte. Am Dienstag ist er gestorben.

New York - Der US-Schriftsteller und Drehbuchautor Gore Vidal ist im Alter von 86 Jahren nach längerer Krankheit gestorben. Er erlag am Dienstagabend (Ortszeit) in seinem Haus in Los Angeles den Folgen einer Lungenentzündung, wie seine Familie mitteilte. Zu seinen berühmtesten Werken zählen die Romane „Myra Breckenridge“, „Lincoln“ und „Geschlossener Kreis“, der als einer der ersten von offen homosexuellen Charakteren handelte, sowie das für einen Tony nominierte Theaterstück „The Best Man“, das später mit Henry Fonda in der Hauptrolle verfilmt wurde.

 

In den 60er und 70er Jahren machte sich Vidal in den USA auch als Essayist zu politischen Themen einen Namen und war regelmäßiger Gast in Talkshows im Fernsehen. Gemeinsam mit Zeitgenossen wie Norman Mailer und Truman Capote gehörte Vidal zur letzten Generation von Literaten, deren Prominenz weit über die Kulturszene hinausreichte. Im literarischen und politischen Establishment fühlte er sich unwohl, und die Distanz beruhte auf Gegenseitigkeit: Außer einem National Book Award 2009 erhielt er kaum wichtige Literaturpreise.

Für seine Scharfzüngigkeit bekannt

Vidal galt als unabhängiger Denker in der Tradition eines Mark Twain oder H.L. Mencken und war für seine Scharfzüngigkeit bekannt. Er nahm in seiner Kritik an Politikern und Schriftstellerkollegen kein Blatt vor den Mund, war gegen den Vietnamkrieg ebenso wie gegen den im Irak und machte sie über Religion und Prüderie lustig. Zugleich war Vidal lebenslustig, dem Alkohol zugeneigt und sagte von sich, dass er jede wichtige Droge einmal probiert habe. Er war nie verheiratet und lebte über Jahrzehnte mit seinem Lebensgefährten Howard Austen in einer Villa in der italienischen Stadt Ravello.

Vidal begann seine Schriftstellerkarriere Mitte der 40er Jahre mit dem Kriegsroman „Williwaw“. In den 50er Jahren schrieb er auch einige Romane unter Pseudonym, später arbeitete er auch für Bühnen und Fernsehen sowie für Hollywood. Unter anderem schrieb er das Drehbuch für „Suddenly Last Summer“ mit Elizabeth Taylor in der Hauptrolle. Dem Drehbuch für „Ben Hur“ gab er eine subtile homoerotische Note.

Briefwechsel mit einem Attentäter

Ab den 60er Jahren war Vidal auch politisch aktiv. Er trat als demokratischer Kandidat für die Kongresswahl an, unterlag aber. Mit Jacqueline Kennedy befreundet, unterstützte er die Wahl von John F. Kennedy. Später kam es zum Zerwürfnis mit der Kennedy-Familie, und Vidal orientierte sich politisch immer weiter links. Beide großen Parteien in den USA verachtete er schließlich als „Besitz“-Parteien.

Aufsehen erregte sein Briefwechsel mit dem Oklahoma-Attentäter Timothy McVeigh. „Er ist sehr intelligent. Er ist nicht verrückt“, sagte Vidal 2001 in einem Interview über McVeigh, der 1995 einen Anschlag auf ein Regierungsgebäude in Oklahoma City verübt hatte, der 168 das Leben kostete. McVeigh wurde zum Tod verurteilt und 2001 hingerichtet.