Die Drohgebärden bei den Verhandlungen um die Verlängerung der Griechenland-Hilfen könnten nur Poker auf hohem Niveau sein – hochriskant sind sie allemal, kommentiert StZ-Korrespondent Christopher Ziedler.

Brüssel - Noch ist es nicht zur Kollision gekommen, aber die Wagen sind nicht mehr weit voneinander entfernt. Die neue Athener Regierung und ihre europäischen Geldgeber haben ihren Konflikt über die künftige Hilfe für das hoch verschuldete Land noch nicht beigelegt. Das Rettungspaket läuft am Monatsende aus, und Griechenlands fragile Volkswirtschaft könnte schon in zwei Wochen ohne finanzielles Sicherheitsnetz dastehen und in letzter Konsequenz die Währungsunion verlassen müssen. Der sprichwörtliche Blechschaden wäre nicht nur für Griechenland, sondern auch für die Europäer, die mittlerweile seit fast fünf Jahren dieses Szenario zu vermeiden trachten, gewaltig.

 

Niemand kann mit Gewissheit sagen, ob Europa derzeit nur Zeuge eines Pokerspiels wird oder sich beide Parteien tatsächlich derart verrannt haben, dass keine Einigung mehr möglich ist. Für erstere Variante spricht, dass die griechische Regierung vor allem um die Wortwahl ringt. Eine „Verlängerung“ des „Programms“ ist für sie tabu, da sie bei ihren Wählern im Wort steht, ebendieses zu beenden. Premier Alexis Tsipras und sein Finanzminister Giannis Varoufakis sprechen lieber von einer „Brückenfinanzierung“ bis zu einem neuen „Vertrag“ im Sommer. Da müsste eigentlich eine Formulierung zu finden sein, die es ihnen ermöglicht, mit einem „Verhandlungserfolg in letzter Minute“ gesichtswahrend vor ihre Bürger zu treten.

Gegen diese Interpretation spricht, dass Auftreten und Stil von Tsipras und Varoufakis viel Porzellan zerschlagen haben. Die Regierungen der Geldgeberländer, die es nicht eben einfach hatten, in ihren Ländern Unterstützung für die Milliardenhilfen zu finden, sind mehrfach düpiert worden. Sie sind entsprechend verärgert und in ihrer harten Haltung vereint wie selten zuvor. Sie beharren nun auf der buchstabengetreuen Erfüllung eines Kreditvertrages, dessen Ablehnung die Gegenseite erst ins Amt brachte – und wollen erst danach über inhaltliche Anpassungen reden.

Die Griechen wiederum haben nichts dazu beigetragen, um früher über konkrete Zugeständnisse reden zu können. Keine Zahlen, keine Papiere – nichts. Die neue Regierung hat die Chance für eine sozial gerechtere Neuausrichtung der Rettungspolitik, für die es angesichts der Bilanz der Vorgängerregierung durchaus Sympathien in Brüssel gab, vorerst verspielt. Die nächsten Tage sind wieder einmal entscheidend für Griechenland und Europa. Gut möglich, dass die Wagen diesmal wirklich kollidieren. Sie haben vielleicht schon zu viel Fahrt aufgenommen.