Der Autozulieferer vom Bodensee ist im Ringen um den schwedischen Bremsenspezialisten unterlegen. Damit ist den Friedrichshafenern eine einmalige Gelegenheit entgangen, frühzeitig auf einem Zukunftsmarkt zu punkten, meint Korrespondent Thomas Magenheim.

München - Geld schlägt Strategie. So kann man das nun deutlich entschiedene Rennen um Haldex zusammenfassen. Überschneidungsfrei und damit strategisch besser gepasst hätte der schwedische Spezialist für Lkw-Bremsen fraglos zur Friedrichshafener ZF. Der drittgrößte Autozulieferer Deutschlands wäre damit auch bei Lastwagen unter die Top 3 aufgestiegen. Gegenüber den Kunden unter den Nutzfahrzeugherstellern ist klar im Vorteil, wer Gesamtsysteme oder zumindest vieles aus einer Hand anbieten kann. Bremsen haben noch im ZF-Angebot gefehlt. Deswegen hatte die Übernahme von Haldex durch ZF einigen Charme gehabt, auch weil sie kartellrechtlich unbedenklich gewesen wäre. Aber der Konkurrent Knorr-Bremse hat mit 580 Millionen Euro exakt 26 Millionen Euro mehr geboten als ZF. Deshalb haben die Haldex-Aktionäre dem Zulieferriesen vom Bodensee nun die kalte Schulter gezeigt.

 

Diese Niederlage ist aus ZF-Sicht bitter. Denn es ist nicht um eine beliebige Abrundung des Produktportfolios gegangen, sondern um einen künftigen Megatrend. Ein solcher sind selbstfahrende Lkw. Die brauchen intelligente Bremssysteme, wie ZF sie mit Haldex hätte an Bord holen können. Eine derartige Gelegenheit wird in absehbarer Zeit nicht wiederkehren, weil es global nur wenige solcher Technologieperlen gibt. Einzige Alternative für ZF wäre also, selbst Bremsen zu entwickeln, was aber angesichts der Vorsprünge der Konkurrenz und Komplexität der Materie nur eine theoretische Möglichkeit bleiben dürfte.

Knorr-Bremse hat wichtigen Wettbewerber abgewehrt

Knorr-Bremse als Weltmarktführer bei Lkw-Bremsen hat mit ZF einen gewichtigen Wettbewerber abgewehrt. Zudem ist Haldex bei Bremsen für Anhänger eine Macht, während die Münchner bei Zugmaschinen dominieren. Intelligente Lkw-Bremsen für zumindest auf Autobahnen selbstfahrende Lastwagen brauchen aber ein Gesamtsystem, weshalb Haldex auch die Strategie von Knorr-Bremse sinnvoll ergänzt.

Nutzfahrzeug-Hersteller werden das nicht gern sehen. Schon jetzt dominieren die Münchner den Lkw-Bremsenmarkt und haben große Macht bei Preisverhandlungen. Haldex wird diese Position noch verstärken. Die Kartellhüter werden deshalb noch ein Wort mitreden und von Knorr-Bremse möglicherweise harte Zugeständnisse fordern. Das haben die Münchner einkalkuliert. Es wäre jedenfalls eine große Überraschung, würde Knorr-Bremse bei Haldex nun noch am Kartellamt scheitern.