Umfragen sehen die CDU bei der Hamburg-Wahl am 15. Februar nur bei 19 Prozent. Die SPD liegt klar vorne. Traditionell sind Großstädte für die CDU ein schwieriges Terrain.

Hamburg - Ist es die berühmte Großstadtschwäche der CDU? Einige sprechen gar vom Fluch der Stadt. Abgesehen von Dresden regieren die Christdemokraten in keiner deutschen Großstadt mehr. In den zehn größten Städten des Landes, darunter Berlin, Hamburg, München, Köln, Stuttgart und Düsseldorf, sind Sozialdemokraten oder Grüne an der Macht. In Köln will die CDU sogar auf einen eigenen Kandidaten für die OB-Wahl im September verzichten und empfiehlt eine parteilose Bewerberin.

 

Dietrich Wersich (50), der Spitzenkandidat der CDU in Hamburg, sitzt im Fraktionsbüro der Bürgerschaft mit bestem Blick auf den Rathausmarkt und schlägt trotz miserabler Umfragewerte trotzdem optimistische Töne an: „Die CDU hat in den zehn Jahren mit Ole von Beust gezeigt, dass sie mit einem liberalen Bürgermeister in den Metropolen gut regieren und gestalten kann.“ Mit dem populären von Beust hatte die CDU an der Alster einst Rekordwerte von fast 48 Prozent erzielt, mit seinem Rückzug aus der Politik ging allerdings ihr Niedergang einher. Seit 2011 regiert SPD-Bürgermeister Olaf Scholz allein und hat die besten Aussichten, nach der Bürgerschaftswahl am 15. Februar im Amt zu bleiben – auch wenn er wohl einen Koalitionspartner benötigt. Die jüngsten Umfragen sehen die CDU im Sinkflug nur noch bei 19 Prozent. Aber Wersich gibt sich nicht geschlagen. Der „Hamburger Jung’“, wie er sich selbst bezeichnet, ist Arzt und war für einige Jahre nebenberuflich Theatermanager. Er tourt mit einem Doppeldeckerbus durch die Stadtbezirke. Vom Typ her verkörpert er den weltoffenen, sportlichen Hanseaten. Seine Homosexualität „outete“ er 2013 in einem Zeitungsinterview. „Die politischen Stars meiner Jugend waren Heiner Geißler, Rita Süßmuth und Richard von Weizsäcker“, sagt Wersich. „Ich bin wertkonservativ. Wir brauchen die Wertevermittlung in der Schule.“ Selbst von Grünen und Linken wird Wersich als kollegialer Politiker im Rathaus empfunden. „Er ist ein lieber Kerl“, sagt ein Abgeordneter der Linkspartei. Ein vergiftetes Lob? Vielleicht ist es wirklich der fehlende politische „Biss“, der Wersich zum Nachteil gereicht.

„Hamburg kann mehr“ gegen „Hamburg weiter vorn“

Er selbst kreidet Olaf Scholz „Selbstgefälligkeit“ und einen „hierarchischen Führungsstil“ an. Der „rote Filz“ kehre zurück. Scholz führe keine gesellschaftlichen Debatten und stoße sie auch nicht an. In einer Stadt, die einseitig auf den Hafen fixiert sei und als Innovations- und Wissenschaftstandort schwächele, ist das laut Wersich ein Nachteil: „Wer in der Verantwortung ist, muss den Konsens über die wachsende Bedeutung der Wissenschaft in der Stadt herbeiführen. Er muss mit allen kommunizieren.“ Mit dem Slogan „Hamburg kann mehr“ will sich die CDU absetzen vom SPD-Motto „Hamburg weiter vorn“.

Die großen Streitpunkte sind im Wahlkampf allenfalls in der Frage sichtbar, wie intensiv sich die Stadt um die Olympischen Spiele 2024 bemühen soll (auch Berlin ist im Rennen) sowie in der Verkehrspolitik: Der SPD-Senat lässt Busbeschleunigungsspuren anlegen, bei denen die Haltebuchten verschwinden und der Bus auf der Straße stoppt. Laut CDU führt das zu Staus und einer „katastrophalen Verkehrssituation“. Auch die „Verwahrlosung der Grünflächen“ nach der Streichung des Bezirklichen Ordnungsdienstes und die angestiegene Kriminalität lastet Wersich der SPD an.

Der Sozialdemokrat Scholz strebt eine Koalition mit den Grünen an. Sollten die Gespräche scheitern, will Wersich der Rolle des Juniorpartner der SPD nicht verschließen: „Ich würde mich der Verantwortung stellen.“ Das Wahlergebnis sei mit „Demut“ anzuerkennen, sagt er. Aber es gebe Themen in der Stadt Hamburg, die einen Konsens erforderten.