Wie viele Karten das genau sind, ist allerdings nirgends zu lesen, und tatsächlich muss Christoph Lieben-Seutter natürlich auch schauen, dass sich sein Betrieb rechnet – vor allem dann noch, wenn der erste Hype um die spektakuläre Architektur abgeebbt sein wird. Anders formuliert: Mittel- und langfristig darf das Haus nicht nur für Touristen attraktiv sein, sondern muss auch die Menschen der Fünf-Millionen-Metropole an sich binden, die mit der Eröffnung der „Elphi“ jetzt bei Fortbestehen des Betriebs in der ebenfalls etwa 2000 Besucher fassenden Laeiszhalle eine glatte Verdoppelung des Hamburger Konzertangebotes erleben. Starglanz mit Tourneeprogrammen von der Stange und ganz besondere Veranstaltungen jenseits des Konzert-Mainstreams werden sich die Waage halten müssen – und das unter nicht geringem Kostendruck. Ein heikler Akt – nicht nur bei den 100 Konzerten pro Saison, welche die Elbphilharmonie im Großen Saal selbst veranstaltet, sondern auch an den etwa 180 Abenden, an denen andere den Raum nutzen. Mieter sind zum Beispiel an das NDR-Elbphilharmonie-Orchester mit seinem Chefdirigenten Thomas Hengelbrock, das hier jetzt seine neue Heimat hat, und die von Kent Nagano geleiteten Hamburger Philharmoniker (also das Orchester der Oper). Die sind bislang in der Laeiszhalle aufgetreten und mussten dort nur gut ein Drittel von dem zahlen, was sie jetzt der Auftritt in Hamburgs neuer erster Kulturadresse kostet. Irgendjemand wird für diese Mehrkosten aufkommen müssen – oder sie anderswo einsparen.

 

Zunächst aber steht der Klang des großen Saales auf dem Prüfstand, für den der japanische Akustik-Guru Yasuhisa Toyota mit einer weißen Haut aus 10 000 individuell zugeschnittenen Gipsplatten sorgte. Musiker und erste Zuhörer schwärmen jetzt schon von ihm, und am Mittwoch dürfte ihm auch der Jubel der Prominenten, der Fachleute und der glücklichen eintausend Freikarten-Gewinner sicher sein. Ob das Festhalten am immer größer werdenden Großprojekt, ob das sture „Think big!“ beim Bau der „Elphi“ richtig und wichtig war, wird man aber frühestens nach den ersten beiden Spielzeiten beurteilen können. Dann müssen die Konzertprogramme der Elbphilharmonie beweisen, dass sie auf Augenhöhe mit deren Architektur sind – und ob Christoph Lieben-Seutter mit seinen Ahnungen Recht hat. „Die Elbphilharmonie“, verkündete der Intendant jetzt, „spielt in einer Dimension, die wir hier in Hamburg noch gar nicht richtig erfassen.“