Die deutschen Spieler wollen bei der Handball-Weltmeisterschaft in Katar nach dem Viertelfinalaus jetzt in den Platzierungsspielen die Olympiachancen wahren. Los geht es an diesem Freitag gegen Kroatien.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Stuttgart - Die Nacht ist kurz gewesen in Katar – wenngleich Alkohol dort zur Frustbewältigung offiziell gar nicht erlaubt ist. Und die war durchaus angesagt nach dem 24:26 am Mittwoch gegen den WM-Gastgeber und dem verpassten Halbfinale. „Ich glaube, um 5.30 Uhr war ich immer noch wach“, sagt der enttäuschte Silvio Heinevetter. Nicht nur dem Torhüter ging die Niederlage nach. Damit sind zwar die Medaillenträume der deutschen Handballer geplatzt, nicht aber die Olympiachancen. Um die Möglichkeit auf eine Teilnahme an den Spielen 2016 in Rio zu wahren, muss Rang sieben erreicht werden. Dazu startet das Team in den Platzierungsspielen an diesem Freitag (14 Uhr) gegen Kroatien.

 

Selbst falls dieses Ziel aber verpasst werden sollte, wäre nicht aller Tage Abend. Zum einen würde ein Sieg Katars beim asiatischen Olympia-Qualifikationsturnier ausreichen, sofern der WM-Gastgeber nicht völlig überraschend auch noch die WM gewinnt. Zum anderen könnte auch ein EM-Erfolg der anderen europäischen Viertelfinalisten (Frankreich, Spanien, Polen) nächstes Jahr dem WM-Achten den Weg zu den Qualifikationsturnieren ebnen.

Sorgen um Steffen Weinhold

Doch zu solchen Rechenspielchen wollen es die Deutschen erst gar nicht kommen lassen. „Jetzt werden wir den Frust mit Handball bewältigen“, kündigt der Göppinger Michael Kraus an, der in der Vergangenheit bei großen Turnieren schon so manche Enttäuschung verdauen musste. „Dann ist mir vor Kroatien nicht bange.“

Dafür macht sich der Bundestrainer Dagur Sigurdsson Sorgen um Steffen Weinhold. Denn der bisher recht starke Linkshänder hat sich in der Partie gegen Katar eine Adduktorenzerrung im Oberschenkel zugezogen, „so dass ich keinen schnellen Schritt mehr machen konnte“.

Darunter litt das Spiel der Deutschen, die zudem auch mit den mazedonischen Schiedsrichtern haderten, weil die vor allem Stürmerfouls umstritten auslegten. Manfred Prause, Vorsitzender der Schiedsrichter- und Regelkommission im Weltverband IHF, hat ein unterschiedliches Niveau der Referees bei der WM beklagt. „Wir haben – auch wenn wir 18 Topschiedsrichter haben – ein Leistungsgefälle“, sagte der Offenburger. Es gebe Schiedsrichter, die die Vorgaben mit „Handballverstand“ umsetzten. „Und dann gibt es sogenannte Regelakrobaten, die versuchen dann, das wortwörtlich umzusetzen, was wir schulen. Und das geht dann manchmal eben daneben,“

Die magere Angriffseffektivität führt zur Niederlage

Dennoch übte der Bundestrainer lieber Selbstkritik als Schiedsrichterschelte: „Darüber möchte ich nicht sprechen. Wir hatten viele Chancen, die wir nicht genutzt haben“ – Sigurdsson will sich nicht hinter den Fehlentscheidungen verstecken. Dafür sprechen auch die nackten Zahlen. Ein Blick auf die Statistik zeigt: von 39 Würfen konnten gegen Katar nur 24 erfolgreich abgeschlossen werden. Zu dieser Trefferquote von 61 Prozent kamen 14 technische Fehler, wodurch die Angriffseffektivität in der Partie nur magere 45 Prozent betrug.

Zum Vergleich: diese Quote lag nach den ersten sechs Spielen noch bei 58 Prozent, die Trefferquote sogar bei respektablen 68 Prozent. Hinzu kam, dass die Katarer eine weitere Stärke des deutschen Spiels gekonnt neutralisierten: die Außen. Von dieser Position aus gelangen Gensheimer und Co. in den Partien zuvor 15 Treffer, im Viertelfinale war es nur ein einziger.

Mit solchen Quoten ist es gegen jede Mannschaft schwer, erfolgreich zu sein. Erst recht gegen Kroatien. Egal, wie diese Partie ausgeht: es wird wieder eine kurze Nacht. Denn bereits am Samstag steht dann das abschließende Platzierungsspiel auf dem Programm.