Der Sport sei zu kurz gekommen, klagt der Sportkreisvorsitzende und CDU-Stadtrat Fred-Jürgen Stradinger über die grüne Liste, in der die Stadtverwaltung ihre dringlichen Projekte auflistet.

Stuttgart - Die Farben Rot und Grün haben für die Haushaltsberatungen nicht nur eine parteipolitische Bedeutung: Die rote Liste gibt einen Überblick über die von den Fachbürgermeistern als dringlich angemeldeten Investitionen für den Zeitraum 2015 bis 2020. Die grüne Liste zeigt, was von den Vorschlägen der Experten übrig geblieben ist, nachdem OB Fritz Kuhn (Grüne) und Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) drübergeschaut haben. Die Konsequenz aus dem Streichkonzert: viele Mitteilungsvorlagen der Fachbürgermeister, die dem Gemeinderat ihre abgelehnten Projekte auf diesem Umweg anpreisen.

 

Der Sport sei zu kurz gekommen, klagt der Sportkreisvorsitzende und CDU-Stadtrat Fred-Jürgen Stradinger. Wenn Kuhn sage, er wolle sich mehr um Sport kümmern, dann meine dieser nur die eigene körperliche Betätigung. Was sich in der grünen Liste wiederfinde, sei „ein Unding“. Die integrative Kraft der 300 Vereine mit 170 000 Mitgliedern würde von der Rathausspitze völlig ignoriert. Gerade jetzt, da es gelte, Flüchtlinge zu integrieren und den Ganztagsbetrieb in der Schule zu organisieren, leisteten die Vereine hervorragende Arbeit. „Zum Dank werden wir mit zwei Kunstrasenplätzen abgespeist.“

Der Wechsel vom Hartplatz auf Rasen – freuen dürfen sich der FC Feuerbach und die Sportfreunde – sei natürlich sinnvoll, so der Stadtrat. Im Sportausschuss waren sich die Fraktionen aber einig, dass die ersten Kunstrasenplätze saniert werden müssten. Davon ist in der grünen Liste nichts zu lesen. Alle Vorschläge von Bürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU) wurden abgelehnt. „Wir werden aber drei bis vier Sanierungen beschließen“, betont Stradinger. Eine Mehrheit deutet sich für die Sporthalle auf der Waldau an (acht Millionen Euro). Unklar ist, ob der zentrale Platz vor dem Gazi-Stadion (drei Millionen Euro) finanziert werden kann.

Keine Förderung für kitafit

Eisenmann hat eine Liste mit acht Vorschlägen in der Hoffnung gefertigt, den Gemeinderat zu überzeugen. Sie hätte gerne auf „Bettelbriefe“ verzichtet, weil sie Projekte betreffen, die regelmäßig stattfinden. „In anderen Bereichen werden solche Veranstaltungen schnell in die regelmäßige Förderung übernommen“, klagt Stradinger. Die Nachricht, dass Eric Gauthier nur einen Brief an Kuhn schreiben muss, um für seine Ballettveranstaltung 350 000 Euro zu bekommen, ist Vereinsvertretern sauer aufgestoßen. SPD-Fraktionschef Martin Körner hat unlängst am Beispiel der Aktion „kitafit“ versucht, den Widersinn im Handeln des OB herauszuarbeiten. Bei dieser Aktion lernen Erzieherinnen, wie man Kinder sinnvoll bewegt. Im Bericht der Kinderbeauftragten aus dem OB-Büro wird „kitafit“ als wichtig eingestuft, die Förderung beantragte Kuhn nicht. Ohne diese gibt es das Projekt aber nicht.

Oberste Priorität hat für Eisenmann die Erhöhung der Zuschüsse für Sportbauvorhaben um 50 000 Euro pro Jahr. 935 700 Euro stehen im Plan. Das ist mehr als in den vergangenen drei Jahren – aber nur deshalb, weil daraus eine Million Euro für die Sanierung der Molly-Schauffele-Halle (Olympiastützpunkt und Leichtathletik-Leistungszentrum) abgezweigt worden war. „Darunter leiden wir immer noch“, so Stradinger. Es gebe deshalb einen Förderstau. 2015 gewährte Baukostenzuschüsse können erst 2017 ausbezahlt werden. Die Vereine würden deshalb zu teuren Zwischenfinanzierungen gezwungen. Die Anträge nehmen zu, denn die Vereinsanlagen werden älter, der Sanierungsbedarf steigt.

Zuschuss für Amateurtanzverwaltung

Gleich mehreren Bitten der Sportbürgermeisterin um eine höhere Projektförderung hat Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) eine Absage mit dem Hinweist erteilt, mehr Stellen gebe es nur bei Arbeitsvermehrung; dieses Kriterium sei aber nicht erfüllt. Die Bürgermeisterin kontert: Projekte wie die Bewegungsförderung der 3- bis 6-Jährigen sowie älterer Menschen oder das kostenlose Fitness- und Gesundheitssportangebot „Sport im Park“ seien längst über das Pilotprojektstadium hinaus und müssten deshalb konzeptionell weiterentwickelt werden. Die starke Resonanz und die Notwendigkeit erfordere eine Aufstockung des Personals. „Sport im Park“ startete 2010 mit 24 Angeboten auf drei Grünflächen. In der vergangenen Saison besuchten 10 000 Teilnehmer 892 Angebote.

Auf dem letzten Rang der Prioritätenliste finden sich die seit 2004 in Stuttgart stattfindenden German Open Championships im Tanzsport wieder. Das ist die größte Amateurtanzveranstaltung Europas, sie füllt im Sommer fünf Tage lang die Liederhalle. Der Zuschuss von 95 000 Euro fehlt in der grünen OB-Liste. „Ein Treppenwitz“, ärgert sich Stradinger. „Das Geld ist für die Miete, bleibt also bei der Stadt.“