Wenn der Kostenrahmen von Stuttgart 21 überschritten werde, sagt Heiner Geißler, könne immer noch der Kombibahnhof realisiert werden.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Heiner Geißler hat als Schlichter den Streit über Stuttgart 21 begleitet. Jetzt, nach der Abstimmung zu Gunsten des Projekts, pocht er darauf, dass die getroffenen Vereinbarungen eingehalten werden.

 

Herr Geißler, Stuttgart 21 hat bei der Volksabstimmung eine Mehrheit erhalten, selbst in Stuttgart. Hätten Sie das gedacht?

Dies war auch das Ergebnis nach der Schlichtung. Schon nach dem Faktencheck, der Transparenz gebracht hat, waren 60 Prozent der Bürger der Meinung, der Bahnhof kann gebaut werden. Allerdings mit einigen Verbesserungen - als S21 plus.

Die Abstimmung ist also auch ein Abschluss des Schlichtungsprozesses?

Die Schlichtung hat in der Meinungsbildung eine Wende gebracht. Aber das alles hätte viel früher gemacht werden müssen, in den 90 er Jahren. Bevor man genehmigt, bevor man plant. Wir haben in Deutschland ein völlig veraltetes Bau- und Planungsrecht. Die Leute werden vor vollendete Tatsachen gestellt - dann wird gefragt. Das muss künftig umgekehrt gemacht werden.

Welche Lehre ziehen Sie daraus?

Ein so großes Projekt darf nicht mehr von oben durchgezogen werden. Sonst sind die Einsprüche wertlos, weil sie von oben beschieden werden. Das ist keine Beteiligung.

Ihr letztes Papier hieß "Frieden für Stuttgart". Wird der nun eintreten?

Die Kardinalfrage ist die Finanzierung des Projekts. Die Bahn weiß, dass die 4,5 Milliarden Euro eingehalten werden müssen, aber dass das sehr schwer wird. Wenn der Kostenrahmen wesentlich überschritten wird, dann kriegen alle Beteiligten ein Problem. Darüber geht ja schon der Streit.

Also kein Friede?

Der Bau des Projekts wird von Bürgern auch weiter kritisch begleitet werden. So ist der Bahnhof nach den jetzigen Plänen nicht behindertengerecht. Die Brandschutzvorschriften der Stuttgarter Feuerwehr für die Tunnels sind nicht in der Planung.

Die Bahn hat jetzt also zwar die Unterstützung der Mehrheit der Bürger, aber ihre Hausaufgaben hat sie noch nicht gemacht?

Noch nicht alle. Die gegenwärtige Planung muss ergänzt werden.

Was passiert, wenn das Projekt, wie die Gegner vorhersagen, viel teurer wird?

Dann muss man neu verhandeln oder umsteigen auf den Kombibahnhof. Das würde 1,5 Milliarden Euro sparen.

Dieses Konzept ist jetzt doch passé?

Zurzeit ja, aber es steht für den Notfall weiter zur Verfügung.

Das letzte Wort über das Projekt ist aus Ihrer Sicht noch nicht gesprochen? Die Stunde des Kombibahnhofs könnte noch kommen?

Am Sonntag ist entschieden worden, dass sich das Land mit knapp einer Milliarde Euro an Stuttgart 21 plus beteiligen soll. Das ist schon okay.