Martin Herrenknecht ist Firmengründer der Herrenknecht AG, deren Tunnelbohrer weltweit bei Großprojekten im Einsatz sind. Im Interview übt der 75-Jährige Kritik am Vorgehen bei Stuttgart 21.

Schwanau - Häufiger als Martin Herrenknecht sind nur wenige Manager unterwegs. Mit den Tunnelbohrmaschinen der Herrenknecht AG werden weltweit gigantische Infrastrukturprojekte verwirklicht. Aufwendig sind sie überall, doch „nirgendwo werden Großprojekte derart umständlich umgesetzt wie in Deutschland“, sagt der „König der Tunnelbohrer“ im Interview mit der dpa. Kritik über er vor allem am Vorgehen bei Stuttgart 21.

 
Wo kommen Sie gerade her, wo geht es als nächstes hin?
Aus Kalifornien, morgen geht es nach Norwegen zur Welt-Tunnel-Konferenz. Dann treffe ich mich mit Ägyptens Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi. Wir bohren Tunnel unter dem Suezkanal. Danach geht es nach Oslo wegen einer neuen Schnellbahnstrecke und dann nach Paris, wo der Metro-Ring erweitert wird.
Sie haben 5000 Mitarbeiter, wer packt Ihre Koffer?
Das mache ich selbst. Dann weiß ich, was ich drin habe.
Was darf nicht fehlen?
Die Badehose für’s Schwimmbad und das Sportzeug für’s Fitness Center. Fit sein ist ein Muss. Zum Fliegen trage ich Turnschuhe.
Ruhestand ist für Sie ein Fremdwort, aber irgendwann brauchen auch Sie einen Nachfolger.
Mein Sohn Martin-Devid arbeitet sich ein, er ist 30. Er hat in München Maschinenbau studiert. Aber solange man mich in der Firma brauchen kann und ich noch fit bin, möchte ich weitermachen.

Herrenknecht spricht auch über Stuttgart 21. Die zehn wichtigsten Fakten zu dem Bauprojekt sehen Sie im Video:

Lieblingstunnel: Hamburger Elbtunnel

Welcher von Ihren Tunneln ist Ihnen der liebste?
Sicher vor rund 20 Jahren die vierte Röhre des Hamburger Elbtunnels. Dafür hatten wir „Trude“ entwickelt - die Abkürzung für „Tief runter unter die Elbe“. Das war damals mit einem Durchmesser von 14,20 Metern die größte Tunnelbohrmaschine der Welt. Auch die Fernbahntunnel in Berlin, der Gotthard-Basistunnel oder der neue Autotunnel in Hongkong gehören zu meinen Favoriten. Ebenso die Unterquerung des Bosporus.
Welche Rolle spielt für Sie - bei so vielen Großprojekten in etlichen Ländern - die Weltpolitik?
Wir verfolgen natürlich, was sich politisch tut. Interessant finde ich aber auch, wie einfache Menschen über die Politik denken. Ich unterhalte mich mit Taxifahrern. Neulich in Amerika waren die einen total gegen Trump und die anderen absolut für ihn. Dass große Tunnelprojekte wegen politischer Krisen scheitern, ist aber selten.
Und die jüngste Krise rings um Katar? Bis zur Fußball-WM 2022 soll dort die Metro fertig sein.
Das betrifft uns nicht mehr unmittelbar. Alle bestellten 21 Bohrmaschinen sind geliefert und bezahlt, der letzte Durchbruch war im September 2016 fertig. Es ist zwar noch eine Verlängerung geplant, aber bis dahin wird sich der Donner wohl gelegt haben.
Beim Bahnprojekt Stuttgart 21 gab es enorme Probleme - was lief aus Ihrer Sicht falsch?
Bei solchen Großprojekten müsste man vorher Volksentscheide machen - und nicht erst, wenn der Bau begonnen hat. Zudem sind in Deutschland generell die Ausschreibungen und Vorbereitungsphasen oft zu kompliziert, die Planungszeiten müssen kürzer und damit wirtschaftlicher werden. Nirgendwo werden Großprojekte derart umständlich umgesetzt wie in Deutschland.

Zur Person: Der Ingenieur Martin Herrenknecht aus dem badischen Allmannsweier wird am 24. Juni 75 Jahre alt. Aus einem Ingenieurbüro hat er die Herrenknecht AG geschaffen. Der Konzern gilt als Weltmarktführer für Tunnelvortriebstechnik. Herrenknecht ist verheiratet, sein Sohn Martin-Devid (30) soll eines Tages die Firma übernehmen.