Auf 75 Jahre Höhenpark Killesberg blickt eine Ausstellung im Stadtarchiv Stuttgart zurück. Killesbergbähnle, Milchbar, Flora und Fauna – aber auch Sammellager und Deporationen in die Konzentrationslager 1941/1942 gehören zur Geschichte des Parks dazu.

Filderzeitung: Rebecca Anna Fritzsche (fri)

S-Nord/Bad Cannstatt - Fast jeder hat seine eigenen Erinnerungen an Einrichtungen, die es schon so lange gibt und die für eine Stadt so prägend sind wie der Höhenpark Killesberg. Manch einer erinnert sich an Kindheitssonntage, die auf dem Killesbergbähnle verbracht wurden, andere an die Pflanzenkunst der Gartenschauen.

 

Eigene Erinnerungen an den Höhenpark hat auch Oberbürgermeister Fritz Kuhn. „Als wir noch in Luginsland gewohnt haben, waren wir mit unseren Söhnen oft im Park“, sagte er bei der Eröffnung der Ausstellung „Gartenschau – Gedenkstätte – Gartendenkmal. 75 Jahre Höhenpark Killesberg“ im Stadtarchiv. Die Söhne seien begeistert vom Bähnle gewesen. Einen „Ort der Freiheit“ nannte Kuhn den Park, mit verschlungenen Wegen, Wiesen und Blumenbeeten. Doch sei er auch ein „Ort des Schattens der Stuttgarter Geschichte, ein Ort des Schreckens, von dem aus 2000 Menschen in den Tod geschickt wurden.“

Stadtgeschichtliche Perspektive

Diese gegensätzlichen Aspekte der Geschichte des Parks möchte die Ausstellung im Stadtarchiv beleuchten. „Sie hat keine gartenhistorische, sondern eine stadtgeschichtliche Perspektive“, sagte Roland Müller, der Direktor des Stadtarchivs, in seiner Rede. „Wir wollen den Park stadtgeschichtlich verorten und auch aktuelle Fragen miteinbeziehen.“ Zur Stadtgeschichte gehöre auch das Dritte Reich, in dessen Zeit der Killesberg als Schauplatz der Reichsgartenschau 1939 erkoren wurde. „Die Nazis wollten Stuttgart als Bad- und Gartenstadt etablieren“, erläuterte Müller. Zwar drohte das Projekt Reichsgartenschau im Höhenpark 1938 zu scheitern, weil die Arbeitskräfte in die Rüstungsindustrie abgezogen wurden, trotzdem sei die Schau letztlich ein „fulminanter Erfolg mit Imagegewinn“ für das Dritte Reich gewesen. Die Gedenkstätte im Park, die an das einstige Sammellager und die Deportation von rund 2000 Menschen in Konzentrationslager erinnert, sei laut Müller „die wichtigste Gedenkstätte in Stuttgart“: Der Höhenpark vereine an einem Ort die sehr erfolgreiche Manifestation der Volksgemeinschaft und gleichzeitig die extremste und brutalste Exklusion bestimmter Gruppen. „Das passt zur Nazizeit“, die von solchen Gegensätzen geprägt gewesen sei.

Die Ausstellung umfasst zwölf Stationen in vier Bereichen: die Erbauung des Parks 1939 zur Reichsgartenschau, der Missbrauch während der Deportationen jüdischer Mitbürger, die Wiedererstehung zur Gartenschau 1950 und der Weg zum Gartendenkmal. Noch bis 1995 hatte die Messe Stuttgart den Höhenpark gepachtet. Erst danach ging die Anlage zurück in städtische Obhut, unter die Ägide des Garten-, Friedhofs- und Forstamts. Dessen Chef Volker Schirner ließ es sich nicht nehmen, auch ein paar Worte zur Ausstellungseröffnung zu sagen. „Eines der herausragendsten Gartendenkmäler in Süddeutschland“, nannte er den Höhenpark: „Der Wert der Gartenarchitektur zeigt sich daran, wie wohl wir uns dort fühlen.“ Besonders lobte er die Mitarbeiter seines Amts, die im Höhenpark gärtnern und die Flora in Blüte halten – es sei weitaus weniger Personal als in früheren Zeiten, ergänzte er.

Einen Wissenshappen, mit dem man sich vollends als Höhenpark-Kenner ausgeben kann, hatte die Kuratorin der Ausstellung, Maria Christina Zopff, parat: Wer vom Akazienwäldchen im Killesberg spreche, liege falsch. Die Gegend, wo von 1925 bis zum Abriss ein Straßenbahnerwaldheim und heute die Freilichtbühne befinde, werde zwar oft so genannt. „Aber im Höhenpark wachsen keine Akazien, sondern Robinien. Die werden im Volksmund jedoch Scheinakazien genannt.“