Die Datensammelwut der Branche löst Ängste aus. Viele Menschen wissen nicht, was damit passiert. So könnte etwa ein registrierter Sekundenschlaf die Schuldfrage bei einem Unfall beantworten. Sind das berechtigte Ängste?
Eine schwierige Frage. Mehr Daten bedeuten andererseits ja auch mehr Komfort. So speichert ein Navigationsgerät die letzten 15 bis 20 Zielorte. Sie können das löschen. Aber es ist natürlich bequem, wenn ich mein Fahrtziel später aus einer Liste auswählen kann und die Daten nicht neu eingeben muss. Oder nehmen Sie Wartungsdaten. Die helfen der Werkstatt, das Auto schnell und damit möglichst kostengünstig zu reparieren. Die EU will E-Call verpflichtend vorschreiben; Autos sollen im Notfall selbst Hilfe rufen. Auch hier müssen Daten erhoben werden, die Rettungskräfte sollen Sie ja finden. Aber viele dieser Daten werden nur für eine begrenzte Zeit gespeichert.
Wird mein Fahrverhalten auch gespeichert?
Technisch ist es möglich, auch das Fahrverhalten abzuspeichern. Es gibt Länder, wo dies für notorische Verkehrssünder diskutiert wird. In Deutschland ist dies aber nicht der Fall. Es gibt aber erste Versicherungen, die ihren Kunden einen Preisvorteil einräumen, wenn sie ihren Fahrstil überwachen lassen. Das ist Marktwirtschaft – ein günstigeres Angebot ist häufig an Nebenbedingungen gekoppelt, denen ich zustimmen muss. Ohne Daten gibt es nun mal weder Mehrwertdienste noch sicheres, effizienteres, ganz zu schweigen automatisiertes Fahren. Aber mal ehrlich: das Auto wird als Übeltäter gesehen. Mit Abstand die meisten Daten werden doch heute schon per Smartphone und Tablet gesammelt. Wie häufig drücken wir am Tag die Accept-Taste, wenn wir Apps nutzen, ohne die Bedingungen genau gelesen zu haben.
Zurück zum Auto: Wem gehören überhaupt die Daten?
Die Eigentumsfrage beziehungsweise das Recht an den Fahrzeugdaten ist nicht eindeutig durch Gesetze geregelt. Klar ist jedoch, dass für die Nutzung personenbezogener Daten die Zustimmung des Halters oder Fahrers erforderlich ist. Dies gilt insbesondere für Dienste rund ums Fahrzeug, die solche personenbezogenen Daten nutzen. Das ist auch akzeptiert in der Gesellschaft.
Wie geht Bosch mit der neuen Lage um?
Wir bei Bosch wollen dem Kunden klar kommunizieren, welche Daten wir erheben und was wir damit machen. Dies soll den Menschen die Unsicherheit nehmen. Und wir werden nur die Daten erheben, die für die Dienste tatsächlich nötig sind. Wir wollen keinen Spion im Verborgenen mitlaufen lassen.
Ist sich die Branche da einig?
Die aktuelle Diskussion in der Autoindustrie tendiert in diese Richtung. Auf alle Fälle wächst die Sensibilität für das Thema. Was aber fehlt, ist ein Regelwerk. Die Gesellschaft muss diskutieren und entscheiden, was sie künftig akzeptieren will. Und die Politik muss dies in Gesetze gießen. Mindestens so wichtig ist das Thema Datensicherung – also: „Wie schütze ich das Auto vor möglichen Manipulationen.“ Aus meiner Sicht sollte eine internationale Norm geschaffen werden, wie mit sicherheitskritischen Systemen umzugehen ist – vergleichbar den ISO-Normen der Internationalen Organisation für Normung, die beispielsweise Verfahrensstandards festlegen.
Eine internationale Vereinbarung ist aber ein ehrgeiziges Ziel.
Wir könnten zunächst auf nationaler Ebene starten. Deutschland hat ja eine gewisse Relevanz in der Autoindustrie. Wenn wir eine Lösung präsentieren, können wir damit einen ersten Standard setzen. In vielen Gremien ist das bereits ein Thema. Doch besser wäre es, dies in einem übergreifenden Standardisierungsforum festzulegen.