Der SSB-Personalvorstand Reinhold Bauer betont, dass die Fahrer der Busse und Bahnen bei der Bezahlung schon bundesweit führend seien.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Der SSB-Personalvorstand Reinhold Bauer betont, dass die Fahrer der Busse und Bahnen bei der Bezahlung schon bundesweit führend seien.

 

Herr Bauer, warum muss der Konflikt bereits so hochgehen?

Wir sind in der fünften Verhandlungsrunde und haben schon viermal nachgebessert. Die Arbeitgeber haben inzwischen - weil es ja nicht um Lohnprozente, sondern um den Manteltarifvertrag geht - eine Anhebung der Einkommen im Umfang von mehr als zwei Prozent angeboten. Verdi ist jedoch nicht kompromissfähig.

Es entsteht der Eindruck, als wollten Sie den Streik mit aller Gewalt zum Scheitern bringen.

Nein, das wollen wir nicht - hoffen aber, dass Verdi den Streik bald einstellt. Wir führen dazu Gespräche auf allen möglichen Ebenen, weil wir den Streik für unverhältnismäßig halten und weil uns die Fahrgäste leidtun.

Warum läuft die Auseinandersetzung gerade in Stuttgart so aus dem Ruder?

Weil Verdi erstens glaubt, dass die Landeshauptstadt besonders anfällig ist für Verkehrsstörungen. Zweitens weil Verdi hier ein Exempel statuieren will für die gesamte Bundesrepublik. Und zum Dritten, weil man hofft, eine Sonderbehandlung des öffentlichen Nahverkehrs in Baden-Württemberg aushandeln zu können. Wir haben heute schon mit Abstand die höchste Fahrerbezahlung bundesweit. Trotzdem ist Verdi dies zu wenig.

Gibt es Präzedenzfälle für diese Situation?

Ein Präzedenzfall in Baden-Württemberg ist mir nicht bekannt. Der letzte große Arbeitskampf war in Berlin. Da ist drei Wochen gestreikt worden, bis Verdi kompromissbereit war. Die Arbeitgeber in der Bundesrepublik fordern, dass wir hart bleiben sollen und sagen, dass unser Angebot viel zu gut ist.

Warum nehmen Sie das Angebot nicht an, die Notdienstvereinbarung zu erweitern - warum reagieren Sie stattdessen so kategorisch?

Wir reagieren nicht kategorisch. Das Angebot von Verdi ist vollkommen unzureichend. Verdi bietet uns im Busbereich 24 Mitarbeiter an - wir brauchen 100, also das Vierfache. Verdi bietet uns im Schienenfahrzeugbereich zwölf Mitarbeiter an - wir brauchen über 120, also das Zehnfache, um auf Dauer einen regulären Betrieb machen zu können. Und Verdi bietet uns bei der Infrastruktur gar nichts - und wir brauchen das Dreifache dessen, was in der Notvereinbarung steht. Allerdings ist die Notdienstvereinbarung auch nicht für den Betriebsfall, sondern für den Streikfall ausgelegt.

Das Unternehmen will die Arbeit der Fahrer in der gesamten Woche nicht in Anspruch nehmen. Damit werden sie faktisch ausgesperrt?

Nein, das ist etwas ganz anderes - es ist eine Betriebsstilllegung. Unser zentraler Servicedienst wird seit Donnerstag bestreikt - da sind alle Reservefahrer, Verkehrsmeister und Fahrausweisprüfer drin. Unsere Werkstatt wird seit Montag bestreikt. Das heißt, wir haben täglich über 30 Schienenfahrzeuge und bis zu 30 Busse, die wir nicht mehr einsetzen können. Aussperrung ist ein Arbeitskampfmittel, um ganz bewusst zuzumachen. Die Betriebsstilllegung ist dagegen nötig, wenn ein Betriebsteil wegen des Streiks nicht mehr betrieben werden kann.

Was erwarten Sie für die Verhandlungen am Donnerstag - ist eine Einigung denkbar?

Ich glaube ja. Von 20 materiellen Forderungspunkten haben wir bei zehn ein Angebot gemacht und würden die Verdi-Wünsche zum Teil voll erfüllen.

Ist die Herauslösung aus dem Flächentarifvertrag des öffentlichen Dienstes ein Tabu für die Arbeitgeber?

Ja, aber nicht nur für uns, sondern für alle Eigentümer aller Verkehrsbetriebe in Baden-Württemberg. Auf dieser Ankopplung an den öffentlichen Dienst beruhen die Zusagen der Eigentümer zum Erhalt der Betriebe in öffentlicher Hand.

Ist Schlichtung dennoch ein Thema für Sie?

Ja natürlich. Wir haben die Schlichtung vorgeschlagen. Wir haben Persönlichkeiten, die wir als unsere Schlichter benennen würden. Oberstes Gebot ist, dass währenddessen nicht gestreikt wird. Verdi hat bisher sehr reserviert darauf reagiert.

Personalchef der SSB

Verhandlungsführer Reinhold Bauer ist Personalvorstand bei der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB). Im Kommunalen Arbeitgeberverband Baden-Württemberg (KAV) ist er als Vorsitzender des Gruppenausschusses für Nahverkehr ein Verhandlungsführer der Arbeitgeber mit KAV-Hauptgeschäftsführer Joachim Wollensak. Auf Bundesebene ist er Vize im Gruppenausschuss.