Was können Traditionsvereine wie Ihre oder der VfB, die keinen Scheich oder russischen Milliardär im Rücken haben, unternehmen, um trotzdem Schritt halten zu können?
Bobic: Zum Beispiel kluge Transfers tätigen. Du musst investieren, um die Qualität zu erhöhen und gewisse Werte innerhalb der Mannschaft aufzubauen. Also musst du auch ein gewisses Risiko eingehen. Das darf allerdings nicht dazu führen, dass man mittelfristig Probleme bekommt. Das ist ein sehr schmaler Grat. Dieses Risiko muss jeder Verein für sich definieren.
Wehrle: Es ist in der Tat eine Frage der Ausrichtung. Wir in Köln sagen: Wir können nur das für den Sport ausgeben, was wir uns durch Einnahmen auch leisten können. Wir haben noch Verbindlichkeiten aus früheren Zeiten – also können wir beispielsweise den Einmaleffekt durch die Europa-League-Teilnahme nicht sofort wieder ausgeben, sonst droht eine Ergebnislücke. Das unterscheidet uns von Mitkonkurrenten, die über mehr Eigenkapital verfügen.
Bobic: Was wir gemeinsam haben, ist dies: Für die großen Clubs sind wir nur bessere Ausbildungsvereine. Uns bleibt gar nichts anderes übrig, als regelmäßig Spieler zu verkaufen. Mit diesen Verkäufen muss man Profit machen, den man wieder in die Mannschaft investieren kann. Und wenn man doch mal zufällig in der Champions League landen sollte, dann werden einem die besten Spieler noch schneller weggekauft, wie es jetzt die Hoffenheimer erleben mussten.
Bedeutet dies, dass für Ihre Clubs die Europa League das höchste der Gefühle ist?
Bobic: Wenn in einer Saison wirklich alles perfekt läuft, kann es vielleicht sogar mal die Champions League sein . . .
Wehrle: . . . da müsste aber sehr viel zusammen kommen . . .
Bobic: . . . deshalb investieren wir beide ja auch nur in die Konkurrenzfähigkeit innerhalb der Bundesliga. Wenn wir eine sorgenfreie Saison erleben, sind wir zufrieden, alles, was darüber hinausgeht, ist ein Zuckerl, das jetzt die Kölner bekommen haben. Aber auch sie wissen: Vereine wie unsere werden normalerweise im Mittelfeld landen. Und wenn es blöd läuft, rutscht man in den Kampf gegen den Abstieg.
Wehrle: Nicht ohne Grund haben wir vor der Saison kommuniziert, dass wir möglichst schnell 40 Punkte wollen. Alles andere ginge völlig an den Realitäten vorbei. Ich nenne Ihnen zwei Zahlen: Wir sind im vergangenen Jahr mit einem Personalkostenetat von 35 Millionen Euro Fünfter geworden. Der Schnitt der Mannschaften auf den Plätzen eins bis sechs liegt aber bei 97 Millionen. Deshalb können wir doch nicht allen Ernstes sagen, wir wollen wieder in den Europapokal. Auf Strecke gibt es nun einmal einen Zusammenhang zwischen den Ausgaben und dem sportlichen Erfolg.
Ist diese Hackordnung auf alle Zeiten zementiert? Borussia Dortmund stand vor Jahren kurz vor dem Untergang und ist inzwischen die zweite Macht in Deutschland. Heißt: Es geht doch.
Bobic: Der BVB ist der letzte Verein, der es auf dem normalem Weg geschafft hat, nach ganz oben zu kommen. Die Dortmunder waren zur Stelle, als die Bayern zum bislang letzten Mal geschwächelt haben. Dadurch haben sie es geschafft, diese große Marke zu werden. Keine Ahnung, ob die Bayern in den nächsten 50 Jahren noch einmal schwächeln werden.
Wehrle: Der Unterschied zwischen oben und unten ist seither noch viel größer geworden. Da liegen Galaxien dazwischen. Es wäre vermessen, Fünfjahrespläne zu machen und zu sagen: Wir wollen bald ganz oben angreifen.