Politik: Matthias Schiermeyer (ms)
Können Sie sich denn erklären, dass sich diese Vorgänge angeblich nicht bis in die Vorstandsspitze herumgesprochen haben?
Die internen Abläufe bei Volkswagen von außen zu deuten, steht mir nicht zu. Wenn Herr Winterkorn feststellt, dass er die politische Gesamtverantwortung übernimmt, sich aber nicht unmittelbar in der Verantwortung sieht, weil er davon nichts wusste, kann ich nicht das Gegenteil feststellen. Deutlich wird aber: Die Aussagen, dass es jetzt auch um strukturelle Änderungen gehen muss, um einen Konzern mit zwölf Marken besser regierbar zu machen, werden nicht ohne Grund getroffen.
Bräuchte Volkswagen eine Flucht nach vorne – eine Öko-Offensive gewissermaßen?
Im Moment würde diese wohl wenig glaubhaft wirken. Die deutsche Automobilindustrie muss spätestens jetzt aufhören, mit Testzyklen zu argumentieren, die nicht den Echtbetrieb wiedergeben. Es braucht zwingend einen Kulturwandel, was den Umgang mit den Emissionsrichtwerten und deren Einhaltung angeht. Da wäre es ganz wichtig, ein klares Signal zu setzen.
Sie sind zuversichtlich, dass nicht andere deutsche Hersteller Ähnliches getan haben?
Im Moment wissen wir, dass die Zulieferer die Hersteller vor möglichen Manipulationen gewarnt haben. Ich muss davon ausgehen, dass es von den anderen Herstellern entsprechend gehandhabt wurde – einen Generalverdacht auszusprechen, wäre der Sache nicht angemessen.
Aber Bosch ist als Lieferant der Software in Misskredit geraten. Was kann das in dem Unternehmen bewirken?
Bosch hat von Anfang an deutlich gemacht, dass diese Software, die man für Testzwecke braucht, nicht im Echtbetrieb verwenden darf. Es gibt da offensichtlich auch deutliche schriftliche Hinweise an Volkswagen. Damit ist offensichtlich, dass die Verstöße gewollt und gegen vorhandenes Wissen in Kauf genommen worden sind, um eine Optimierung der Fahrzeuge ohne den dafür notwendigen Kostenansatz zu erreichen.
Der Marktanteil der deutschen Hersteller am Diesel liegt in Westeuropa bei 53 Prozent. Wie sieht die Zukunft des Diesels aus?
Der Diesel ist als Verbrennungsmotor im Übergang zur Elektrifizierung unverzichtbar. Die heutige Technologie macht es möglich, dass der Diesel nicht nur CO2-freundlicher ist, sondern auch die Grenzwerte bei Stickoxiden und Feinstaubbelastung des Benziners erreichen kann. Solange wir mittelfristig weiter mit Hybridtechnologie arbeiten müssen und eine Vollelektrifizierung nicht erreichbar ist, spielt der Diesel weiterhin eine strategisch wichtige Rolle.