Klaus-Peter Murawski war gerne Krankenhausbürgermeister in Stuttgart. Nun geht er trotzdem. Der Chefposten in der Staatskanzlei lockt.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Als nach der Wahl die Frage aufkam, ob Klaus-Peter Murawski in die Landespolitik wechselt, betonte der stets: er sei ausgesprochen gerne Krankenhausbürgermeister in Stuttgart. Nun geht er doch. Der Posten des künftigen Chefs der Staatskanzlei ist verlockend.

 

Herr Murawski, Sie waren lange Jahre Bürgermeister für Verwaltung und Krankenhäuser, man kann sagen: mit Leidenschaft. Haben Sie daran jetzt doch die Lust verloren, dass Sie zum Land wechseln?

In keiner Weise. Ich bin mit ganzem Herzen in der Kommunalpolitik. Gerade die Aufgaben in Stuttgart mit den Neubauten des Klinikums sind mir ein inneres Anliegen, genauso wie etwa die Stadtbezirke.

Sie gehen trotzdem.

Mein einziges Motiv ist, dass ich die grün-rote Regierung in Baden-Württemberg für ein historisches politisches Projekt halte. Und es wird geleitet von einem Mann, von Winfried Kretschmann, den ich für einen der anständigsten Menschen halte, die ich kenne. Wenn der mich ruft, überlege ich mir das zwar lange, aber eigentlich kann ich gar nicht anders, als dem zu folgen.

Was macht der Chef der Staatskanzlei?

Das ist eine der interessantesten Aufgaben auf Landesebene. Die Staatskanzlei koordiniert die Zuarbeit für den Ministerpräsidenten, für die Staatsministerin und den Minister für Bundesangelegenheiten und Europa. Und die Staatskanzlei hat dafür zu sorgen, dass im Kontakt mit den Fachministern und dem Ministerpräsidenten stimmige Vorlagen für den Landtag entstehen. Was das Kabinett beschließt, muss man in einen geordneten Verwaltungsablauf bringen. Man bearbeitet in der Staatskanzlei die ganze Breite der politischen Themen.

Wo liegt dabei der Gestaltungsspielraum?

Der Gestaltungsspielraum liegt in der Möglichkeit, sich am Meinungsbildungsprozess des Ministerpräsidenten und der Staatsministerin zu beteiligen.

Oberbürgermeister Wolfgang Schuster hat Ihnen fachlich wie persönlich ein exzellentes Zeugnis ausgestellt, er hat Sie als "immer loyalen Mitstreiter" bezeichnet. Das ist für einen Grünen kein selbstverständliches Lob.

Ich halte von Loyalität unglaublich viel. Ich bin aus Überzeugung gegen Intrigen und das Durchstechen von Informationen. Gegenseitige Loyalität, wie ich sie von Oberbürgermeister Wolfgang Schuster auch erfahren habe, ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit in verantwortlichen Positionen.

Manche fragen: Was ist das für ein Grüner? Sie sollen sogar für Stuttgart21 sein?

Ich habe stets eine differenzierte Haltung zu Stuttgart21 eingenommen. Ich habe früh die Risiken und schmerzhaften Eingriffe in den Schlossgarten als ausgesprochen negativ gesehen. Der Tunnelbau ist sehr schwierig, die Schlichtung hat gezeigt, dass selbst die Kapazität des geplanten Tiefbahnhofs sehr kritisch gesehen werden kann, die offensichtlich nach oben offene Kostenentwicklung ohnehin. Ich denke aber, wenn man fair ist und die Sache rational betrachtet, darf man auch die Chancen des Projekts nicht übersehen: für die Stadt die städtebauliche Entwicklungsmöglichkeit. Bei einem Thema nur Gut und Böse, Schwarz und Weiß zu sehen, das ist in keiner Situation des Lebens meine Haltung. Am Schluss, in diesem Fall nach dem Stresstest, muss man einen Saldo bilden und feststellen, welche Argumente überwiegen.

Fällt es Ihnen leichter zu gehen, weil wesentliche Entscheidung bei der Entwicklung des Klinikums gefallen sind?

Es gibt noch genug zu tun. Die Zentren für Innere und für Operative Medizin sind noch nicht beschlossen, auch wenn die Pläne weit gediehen sind. Da geht es noch mal um 200 bis 300 Millionen Euro.

Werden die Kosten eingehalten?

Wenn der Rat unserem Vorschlag folgt und sich bei den weiteren Bauten für unser spezielles, mittelstandsfreundliches Modell des Generalunternehmers entscheidet, werden wir nicht nur die Kosten im Rahmen halten, sondern die Mehrkosten beim Olgahospital sogar auffangen können.

OB Schuster hofft, dass Sie auch in Ihrer neuen Rolle viel Gutes tun für Stuttgart.

Meine große Wertschätzung für die Kommunalpolitik - für die operative Ebene des Staates, Länder und Bund sind ja Gesetzgeber und Landesplanungsbehörden - werde ich immer beibehalten.

Politiker mit viel Erfahrung

Politik: Klaus-Peter Murawski hat seine politische Laufbahn bei der FDP begonnen. Anfang der 70er war er einige Jahre bayerischer Landesvorsitzender und stellvertretender Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und später drei Jahre Fraktionschef der FDP im Nürnberger Rat. Nach seinem Übertritt zu den Grünen 1981 war Murawski dort acht Jahre lang Fraktionschef der Ökopartei und danach vier Jahre lang Bürgermeister für den Bereich Gesundheitswesen. Seit 1996 ist Murawski Verwaltungsbürgermeister in Stuttgart, seit 2003 ist er dazu noch für das Klinikum zuständig.

Verbände: Die Liste der Verbände und Gremien, in denen der 60-Jährige zum Teil an maßgeblicher Stelle tätig ist, umfasst knapp 30 Positionen. Um nur einige zu nennen: Klaus-Peter Murawski ist im Vorstand des kommunalen Arbeitgeberbandes Baden-Württemberg, er sitzt im Landeskrankenhausausschuss, im Vorstand der Krankenhausgesellschaft des Landes, im Gesundheitsausschuss des Deutschen Städtetags, und er ist Bundesvorsitzender des Verbands bündnisgrüner kommunaler Wahlbeamtinnen und Wahlbeamten (Grünkom), den er 1998 selbst mitgegründet hat.