Der Heilbronner Tourismusmanager Ralf Bochert hat die bundesweite Rückkehrwelle zu früheren Kfz-Kennzeichen ausgelöst. Die aktuelle Entwicklung hält er für gut und richtig – aber offenbar noch nicht abgeschlossen.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)
Rems-Murr-Kreis - Der Heilbronner Tourismusprofessor Ralf Bochert hat die bundesweite Rückkehrwelle zu Altkennzeichen ausgelöst. Der kleinere Radius lokaler Bezüge schaffe mehr Identifikation als es die Kreiskennung könne, sagt er. Die Entwicklung hält er für gut und richtig – aber offenbar noch nicht abgeschlossen.
Herr Bochert, der Wunsch, zu nostalgischen Kennzeichen zurückzukehren, scheint durchaus vorhanden. Worauf führen Sie das zurück?
Die alten-neuen Kennungen werden tatsächlich stark nachgefragt: Die Kennzeichen bilden durch einen kleineren Radius besser ein lokales Identifikationsumfeld ab, als es Kreiskennungen können. BK ist einfach im Norden des Rems-Murr-Kreises naheliegender als WN, wenn man mit dem Kfz-Kennzeichen auch eine geographische Zugehörigkeit verbindet. Nostalgie ist da nicht der zentrale Beweggrund.
Sie sagen, das Kennzeichen signalisiere eine Identifizierung mit der jeweiligen Region. Ist es – wie im Beispiel des vor 40 Jahren neu geschaffenen Rems-Murr-Kreises – nicht auch ein Protestsignal, jetzt das Altlandkreiszeichen BK zu wählen?
Das ist nach meiner Wahrnehmung nur selten ein Grund: den meisten Menschen ist schon klar, dass Verwaltungseinheiten eine gewisse Größe haben müssen und wollen nicht gegen administrative Zuordnungen zu einer Landkreisebene protestieren, nur weil sich diese vielleicht nicht unbedingt als Heimatdefinition eignet. BK am Auto bedeutet in der Regel nicht: „Ich will meinen Altkreis Backnang zurück.“
Noch einmal Rems-Murr-Kreis (Kennzeichen WN): Dort kann auch, wer in Waiblingen wohnt, die Anfangsbuchstaben BK wählen. Sieht eine lokale Verortung nicht etwas anders aus?
Sicher. Allerdings wird das System durch die Kennzeichenmitnahme ab 1. Januar 2015 sowieso aufgeweicht: wer aus Hamburg nach Fellbach zieht, kann dann sein HH behalten. Die Regelung, BK kreisweit anzubieten, ist technisch die sinnvollste gewesen, weil man so innere Differenzierungen bei der Kennzeichenvergabe vermieden hat. Man muss nicht erst fragen, wo der Kfz-Halter wohnt, wenn der BK-Wunsch besteht. Zudem: dass Waiblinger BK wählen, dürfte sehr selten vorkommen.
Was haben die jeweiligen Städte davon, wenn wieder Autos mit ihren Kennzeichen durch die Gegend fahren?
Es gibt einfach eine zusätzliche Wahrnehmung: BK macht Backnang etwas präsenter in den Köpfen der Menschen. Der Effekt wird schwer messbar sein, aber er kostet Backnang nichts. Das würde ich als Stadt natürlich sofort nehmen. Und genau das haben die betroffenen Städte aus guten Gründen auch gewollt.
Welche aktuellen Regelungen in Sachen Autokennzeichen begrüßen Sie, welche würden Sie sich noch wünschen?
Wir hatten in unserem Projekt nur die Wiedereinführung der Altkennzeichen untersucht und dann vorgeschlagen, weil wir vermuteten, dass diese stark emotional verhaftet sind. Die Umsetzung dieser Empfehlung ist sinnig. Freilich ist dadurch eigentlich nun eine ungerechte Situation entstanden, wenn man die Kennungen als „Stadtkennzeichen“ interpretiert, was sie zwar formal nicht sind, als das sie aber überwiegend wahrgenommen werden. Fellbach, Winnenden, Schorndorf und Weinstadt haben keine eigene Kennung.
Das klingt nach einer bevorstehenden Kennzeicheninflation. . .
Tatsächlich betrifft das deutschlandweit nur 200 bis 300 Städte. Einige Verkehrsminister wollten eine solche Ausweitung der zusätzlichen Kennungen auch für weitere Städte. Das hätte, wenn man eine Einwohnermindestzahl von beispielsweise 20 000 gesetzt hätte, Charme gehabt. Es würde auch einen Vereinigungsanreiz für Kommunen setzen. Das war aber nicht unser Thema. Der Landkreisbezug eines einzelnen Kennzeichens ist freilich zu recht obsolet: in ein paar Jahren haben wir sowieso einen Regionalkreis Stuttgart mit insgesamt zehn Kennzeichen. Keiner wird dann zum S gezwungen, aber die Gebietskörperschaft bekommt eine sinnvollere Größe.