Vor dem Pokalhalbfinale zwischen dem VfB Stuttgart und dem SC Freiburg am Mittwochabend haben sich die Manager Fredi Bobic und Dirk Dufner im StZ-Interview über Fußball und Freundschaft unterhalten.

Stuttgart – Auf der einen Seite Fredi Bobic, der Straßenkicker, Einzelhandelskaufmann und Ex-Profi aus Cannstatt, auf der anderen Dirk Dufner, der Internatsschüler, Hockeyspieler und Jurist aus dem Schwarzwald – über ganz unterschiedliche Wege sind beide bei ihren Heimatvereinen auf dem Sportvorstandsposten angekommen: Fredi Bobic beim VfB Stuttgart, Dirk Dufner beim SC Freiburg. Von einer ausgeprägten Rivalität vor dem baden-württembergischen Pokalhalbfinale kann aber nicht die Rede sein. Bobic und Dufner sind seit vielen Jahren miteinander befreundet.
Herr Dufner, was schätzen Sie denn an Fredi Bobic?
Dufner: Frei nach dem Motto, die schwerste Frage gleich am Anfang.Bobic: Erzähl jetzt aber keinen Blödsinn.Dufner: Natürlich nicht. Also, wenn wir zusammen sind, haben wir viel Spaß miteinander. Und Fredi gehört in   die Kategorie Drei-Uhr-nachts-Freund.

Was ist das?
Dufner: Ich weiß, dass ich ihn zu jeder Uhrzeit anrufen kann, wenn ich ein Problem habe. Ich würde es so ausdrücken: Fredi ist ein Mensch, bei dem ich ein hohes Maß an Hoffnung habe, dass er mich nicht enttäuscht.

Herr Bobic, Sie hatten jetzt etwas Zeit, sich Ihre Antwort in Bezug auf Dirk Dufner zurechtzulegen.
Bobic: Mir gefällt seine Ehrlichkeit. Ich vertraue ihm. Er ist so, wie er ist.
Dufner: Also, da kann ich jetzt wirklich nicht widersprechen.

Das hört sich schwer nach Kuschelkurs an und nicht nach großem Pokalkampf, der zwischen Ihren Teams erwartet wird.
Bobic: Ich kann auch anders. Wenn ich als Spieler heute gegen Freiburg im Pokalhalbfinale stehen würde, dann würde es aber richtig rauchen.Dufner: Dann bring ich jetzt eben auch mehr Härte in dieses Gespräch. Was ich dem Fredi ankreiden muss, ist, dass er nach der Auslosung uns nicht das Heimrecht überlassen hat, nachdem wir im Pokal zuvor ständig Auswärts- und die Stuttgarter zuletzt immer Heimspiele hatten. Aber da seid ihr Schwaben ja wirklich humorlos.

Welchen Bedeutung hat für Sie dieses Spiel?
Dufner: Wir stehen zum ersten Mal überhaupt im Pokalhalbfinale. Das sagt eigentlich schon alles über die enorme Bedeutung für die Mannschaft und den Verein aus.
Bobic: Wenn du einen Schritt vor Berlin stehst, willst du den letzten Schritt auch unbedingt machen. Der Finaleinzug wäre aus verschiedenen Gründen für uns wichtig. Auch weil die Stimmung um den Verein sicher wieder besser werden würde.

Wäre die Saison für den VfB mit einem Halbfinalsieg gerettet?
Bobic: Wir würden damit eine durchwachsene Saison positiver gestalten. Aber Bundesligapunkte werden leider keine vergeben. Davon haben wir in dieser Spielzeit ein paar zu wenig geholt.

Herr Dufner, in Freiburg leidet die Pokalstimmung auch etwas unter den atmosphärischen Störungen zwischen Ihnen und dem Trainer Christian Streich, der Ihnen vorwirft, die erfolgreiche Mannschaft nicht zusammenzuhalten.
Dufner: Sie wissen ja auch, dass unser Trainer ungewöhnliche Antworten gibt.
Bobic: Kann man so sagen.Dufner: Jetzt hat er am Ende einer Pressekonferenz gesagt, dass er seinen und ich meinen Job mache. Vollkommen richtige Aussage. Trotzdem kann man viel reininterpretieren. Er ist momentan knurrig, weil er Spieler abgeben muss. Das ist absolut nachvollziehbar. Aber das ist eben auch der SC Freiburg. Diese Problematik hatten wir in den letzten Jahren immer. Im Moment noch ein bisschen stärker, weil wir eine hervorragende Runde spielen. Wir sollten jetzt aber unsere Energie darauf verwenden, dass wir in der kommenden Saison wieder eine gute Mannschaft haben.

Der Knackpunkt sind die Ausstiegsklauseln.
Dufner: Wir kämpfen wie die Löwen, dass wir wegen der Planungssicherheit Verträge ohne Ausstiegsklauseln hinbekommen. Das gelingt auch in den meisten Fällen, bei allen Spielern unter 25. Max Kruse zum Beispiel hätten wir aber ohne die Ausstiegsklausel bei seinem vorherigen Club überhaupt nicht bekommen.

Herr Bobic, welchen Freiburger Spieler schnappen Sie sich denn?
Bobic: Wenn das immer so einfach wäre. Wir gehören zwar zu den Großen der Liga, aber die Freiburger Spieler sind im Moment auch für die anderen Großen interessant. Da stehen wir gerade nicht in der ersten Reihe.
Dufner: So schmerzhaft das auf der einen Seite für den SC ist, auf der anderen zeigt es uns natürlich auch, dass wir verdammt viel richtig machen. Und wir dürfen nicht vergessen, dass wir ein Ausbildungsverein sind, der auch davon lebt, Spieler zu entwickeln und zu verkaufen. Das ist – wenn man so will – der Fluch der guten Tat. Damit musst du aber positiv umgehen. Wenn jetzt gehadert wird, sendet man auch das falsche Signal an die Spieler, die bleiben.

Als ehemaliger Freiburger Nachwuchstrainer müsste Christian Streich das Modell doch eigentlich kennen.
Dufner: Als Freiburger A-Jugend-Trainer fand er es ja schön, dass der Verein für die Spieler gute Abnehmer findet, weil das natürlich die Wertigkeit unserer Fußballschule unterstreicht. Aber es ist legitim, das ihm das als Cheftrainer gegen den Strich geht.

Alles eine Frage der Perspektive. Herr Bobic, haben Sie eine andere Sicht auf die Dinge bekommen, seit Sie zum Sportvorstand befördert wurden?
Bobic: In dieser Position hat man das Interesse des Vereins noch mehr im Blick. Die Wege sind kürzer geworden, das Wort hat mehr Gewicht. Aber es geht weiter um das Gleiche: mehr finanzielle Mittel zu generieren und aus dem Vorhandenen das Optimale herauszuholen.

Mit welchem Präsidenten?
Bobic: Gerd Mäusers Rücktrittserklärung ist gerade ein Woche alt, und schon soll alles fertig geplant sein?

Herr Dufner, verfolgen Sie, was beim VfB passiert?
Bobic: Natürlich, er ist ja VfB-Fan.
Dufner: Das behauptest jetzt du. Was zuletzt passiert ist, habe ich selbstverständlich mitbekommen – aber aus der Distanz. Ich glaube übrigens, dass Fredi auch noch das Präsidentenamt übernimmt, und das bitte ich zu schreiben.

Das wäre eine neue Option.
Dufner: Und eine schwäbische dazu, denn der VfB würde ja Geld sparen.

Bliebe nur die Frage, wer das mit Fredi Bobic zusammen machen könnte. Wäre das eine Aufgabe für Sie, Herr Dufner?
Dufner: Und es bleibt die Frage: Wer macht den Sportchef und wer den Hausmeister? Ich jedenfalls bekomme keinen Nagel in die Wand geschlagen.
Bobic: Das ist ja das Problem. Aber wer kann schon sagen, was in Zukunft passiert. Es gibt im Fußball immer auch unvorhersehbare Dinge.
Dufner: Dabei haben wir eine Situation, die wir durchaus auch genießen können.

Fehlt Ihnen die Wertschätzung Ihrer Arbeit?
Dufner: Das nicht, aber man sollte nicht vergessen, wie sich der Verein in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Wir waren bei meinem Amtsantritt 2007 in der zweiten Liga, und in vielen Prognosen war sogar von der drohenden Drittklassigkeit die Rede. Jetzt sind wir demnächst das fünfte Jahr in Folge in der Bundesliga und verdienen jedes Jahr Geld. Zuletzt konnten wir fünf Millionen Euro zur Seite legen. Wir stehen sportlich und wirtschaftlich so gut da wie noch nie.

Dennoch äußert sich in Freiburg vor allem Christian Streich wenig begeistert von einer möglichen Europacup-Teilnahme.
Dufner: Auch in Stuttgart sind sie nicht immer euphorisch, was die Europa League anbelangt. Fredi, wo habt ihr zuletzt gespielt? In Nischni Nowgorod Ost?
Bobic: Nein, in Nischni Nowgorod West!

Fredi Bobic kann Ihnen ein Lied davon singen, was es heißt, mit einem engen Kader in eine Europapokalsaison zu gehen.
Dufner: Wir stecken da in einem Zwiespalt. Wir wollen so erfolgreich wie möglich sein. Wenn wir es aber in den Europacup schaffen sollten, dann können wir nicht so einfach unseren Kader auf die Europa League ausrichten, weil wir künftig allenfalls nur in Ausnahmefällen dabei sein werden.

Hat Ihnen Fredi Bobic wenigstens erzählt, was Europa League praktisch bedeutet?
Bobic: Die Europa League kann super sein, aber wir werden vor allem an der Leistung in der Bundesliga gemessen. Um die internationalen und nationalen Anforderungen zu bewerkstelligen, brauchst du einen entsprechenden Kader. Den hatten wir in dieser Saison nicht. Doch falls wir in das Pokalfinale kommen und wieder international spielen, werden wir uns personell anders ausrichten.