Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)


Herr Dellnitz, wenn wir ein bisschen um die Ecke denken: wie viel Geld müsste man in die Hand nehmen, um den Werbeeffekt zu erzielen, den solch eine organische Mund-zu-Mund-Propaganda bewirkt?
Dellnitz Wenn ich eine Umfrage in Auftrag gebe, wieso Leute nach Stuttgart gekommen sind, haben wir immer einen Anteil von 60 bis 70 Prozent, die sagen: Wir kommen, weil man uns die Stadt empfohlen hat. Der Anteil derer, die über die Multiplikatoren kommen, ist definitiv der Größte. Das ist auch die ehrlichste und wertvollste Form des Marketings für uns.
Strachwitz Der Social-Media-Bereich trägt da natürlich auch seinen Teil bei. Die Leute sehen einen Post bei Facebook und vertrauen dann einer Empfehlung, wenn sie aus dem Freundeskreis kommt. Wir haben das beim Rapper Cro gesehen. Im Dezember vergangenen Jahres brachte der sein Video heraus, das sofort über Facebook und andere Kanäle weitergeleitet wurde. Ich habe es in meinem privaten Newsletter beworben, mit dem erreiche ich 1300 gute Freunde und Bekannte. Darunter auch viele Künstler, Sportler und andere Multiplikatoren. Der Hamburger Künstler Jan Delay hat das Video dann übernommen und einmal gepostet. Er hat eine Viertelmillion Freunde bei Facebook und schwupp, bekam das Video einen extremen Boost. Heute steht es bei über 22 Millionen Klicks auf Youtube. Und das für ein Werk eines Stuttgarter Künstlers!

Dabei wird ein ganz anderes, deutlich jüngeres Publikum angesprochen, das bis jetzt noch keinen Bezug zu Stuttgart hat.
StrachwitzJa, zumal Cro die Stuttgart-Fahne auch ganz bewusst hochhält.

Sie haben ja immer große Künstler aus den USA zu den Hip-Hop Open geholt, von LL Cool J über Snoop Dog bis Wu-Tang Clan. Wie viel Geld haben Sie über die Jahre an Künstlergage in die Hand genommen?
Strachwitz Einen siebenstelligen Betrag.

Herr Dellnitz, wie viel Geld haben Sie für Stadtmarketing in Ihren bisher drei Jahren bei Stuttgart Tourist ausgegeben?
Dellnitz Wir haben einen Jahresetat von etwa 6,5 Millionen Euro. Davon geben wir aber einen ganzen Teil für den Service vor Ort mit unseren beiden Tourist-Infos in der Königstraße und am Flughafen aus. Für das eigentliche, weltweite Marketing verbleibt eine überschaubare Summe.

Ketzerisch gefragt: Braucht man angesichts des Werbeeffekts, den eine Musikrichtung wie Hip-Hop für Stuttgart hat, überhaupt ein eigenes Stadtmarketing?
Dellnitz Mit dem Budget, das wir zur Verfügung haben, kann man alleine kein durchschlagendes, erfolgreiches Marketing auf nationaler und internationaler Bühne machen. Unsere Aufgabe ist eher die eines Dirigenten. Alle, die zum Tourismusprodukt „Region Stuttgart“ beisteuern, für eine gleiche Marketingidee zu begeistern, also zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Botschaften zu kommunizieren.