Die Übernahme der Leitungsrechte durch die Stadt Süßen ist illegal. In einem Rechtsstreit mit der Energiekartellbehörde zieht die Stadt den Kürzeren. Nun muss sich die Konzessionen neu ausschreiben.

Süßen - Die Fusion zweier Branchenführer, illegale Absprachen unter Netzbetreibern, unlautere Wasserpreise – damit beschäftigt sich die Energiekartellbehörde des Landes. Und mit der Vergabe der Stromkonzession in der knapp 10 000 Einwohner zählenden Stadt Süßen. Die Stadt ist jetzt in einem Rechtsstreit unterlegen. Die Vergabe der Leitungsrechte an die eigenen Stadtwerke wird als illegal eingestuft, eine neue Ausschreibung steht an.

 

Ins Rollen gebracht hat den Rechtsstreit eine Beschwerde der Göppinger Energieversorgung Filstal (EVF). Die EVF, die sich ebenfalls beworben hatte, aber unterlegen war, focht die Ausschreibung und das Vergabeverfahren an. Zum Zuge gekommen war vor drei Jahren in Süßen ein Modell mit der EnBW, die das Netz in Kooperation mit der Stadt über die gemeinsame Gesellschaft Suenergie betreibt.

Diese Entscheidung habe sich die Stadt nicht leicht gemacht, erklärt Dieter Niethammer, der sowohl Geschäftsführer der Suenergie als auch Kämmerer der Stadt ist. Schon im Jahr 2010 hatte man über den Staatsanzeiger Energieunternehmen aufgefordert, sich um die Leitungsrechte zu bewerben. Es meldeten sich die EnBW, die EVF und die Geislinger Alb-Elektrizitätswerke. „Dann kam in der Kommunalpolitik immer stärker der Gedanke der Regionalisierung der Netze auf“, sagt Niethammer. Nicht zuletzt, weil auch Göppingen über die EVF sein Netz zurückkaufte, entschlossen sich die Süßener für ein ähnliches Modell. In Gesprächen mit der EnBW kristallisierte sich dann die Kooperation heraus.

„Der Name Suenergie spielt ja schon darauf an. Wir nutzen Synergien“, so Niethammer. Alle Leitungen in städtischer Hand zu haben biete Vorteile, wenn es um den Leitungsbau gehe. Kurze Wege, die Möglichkeit, auch gleich das Stromnetz zu modernisieren, wenn Straßen wegen Kanalarbeiten ohnehin geöffnet seien – das seien neben steuerlichen Vorteilen gute Argumente. Doch all dies zählt laut der Energiekartellbehörde nicht. Maßgeblich sei der Paragraf eins des Energiewirtschaftsgesetzes, der besage, dass das Ziel eine sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche und umweltverträgliche Versorgung sein müsse. Zwar habe die Stadt einen Kriterienkatalog für die Vergabe der Leitungsrechte für Strom und übrigens auch Gas erstellt. Doch viele der Kriterien, etwa die genannten Synergieeffekte bei Kanalarbeiten, seien gut für die Stadt, aber nicht im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes. Zudem hätten die Stadtwerke beim Kriterium Netzbetrieb mangels Erfahrung auf diesem Gebiet von den Experten, welche die Angebote verglichen hätten, Null Punkte erhalten, einer unzulässigen Gewichtung wegen aber dennoch die Konzession bekommen.

Weil ähnliche Fälle aus Norddeutschland bis vor den Bundesgerichtshof getragen und dort im Sinne der Kartellwächter des Landes entschieden wurden, gibt Süßen klein bei. Das Gasnetz, das die Suenergie ebenfalls hätte übernehmen sollen, ist bereits neu ausgeschrieben, das Stromnetz soll folgen. Der Kämmerer sieht die Entscheidung des Gerichts kritisch. Schlimmstenfalls würde die Suenergie in beiden Vergabeverfahren leer ausgehen. Dann stünde aber die gesamte kommunale Energiewende auf der Kippe. Mit den gewinnträchtigen Leitungsrechten im Rücken hat die Suenergie nämlich mittlerweile damit begonnen, auch selbst Strom und Gas anzubieten, ja gar selbst Strom zu erzeugen. Das erklärte Ziel war es nämlich, bis zum Jahr 2020 die Hälfte der in Süßen benötigten Energiemenge aus regenerativen Quellen zu schöpfen. Auswirkungen hat das kartellrechtliche Veto wohl auch auf andere Kommunen. Denn dass die Vergabepraxis bei den Stromkonzessionen energiekartellrechtlich immer einwandfrei verlief, ist zumindest zu bezweifeln.

Hintergrundinformation zur Suenergie

Beteiligung

Die Suenergie ist ein gemeinsames Unternehmen der Süßener Stadtwerke und der EnBW. Die Leitungsrechte, also die Konzession für das Stromnetz, haben die Stadtwerke. Die Suenergie verpachtet das Netz für den Betrieb an die EnBW-Tochter Netze BW zurück. An der Suenergie hält die Stadt 60 und die EnBW 40 Prozent. Die Stadt musste dafür rund 900 000 Euro an Kapital einbringen. Die EnBW brachte das Stromnetz ein.

Gewi nn

2012 machte Suenergie einen Gewinn von 92 000 Euro. Im vergangenen Jahr waren es noch rund 70 000 Euro. Suenergie beteiligt sich unter anderem mit 500 000 Euro an der Windpool GmbH, die zurzeit elf große Windparks betreibt.