Weil es mehr Kinder als Plätze gibt, gibt es im Hort in Hemmingen eine Warteliste. Die möglichen Lösungen: Arbeitstätige Eltern könnten bevorzugt oder eine weitere halbe Gruppe geschaffen werden.

Hemmingen - Der Hort an der Schule in Hemmingen stößt an „Kapazitätsgrenzen“. So formulierte es die Verwaltung in der Vorlage für die Sitzung des Verwaltungsausschusses am Dienstag. Anders ausgedrückt: Es gibt derzeit mehr Kinder, die bei dem freiwilligen Angebot der Gemeinde betreut werden sollen, als Plätze. Die Verwaltung denkt nun über mehrere Lösungen nach. Für Eltern, deren Kinder auf der Warteliste stehen, drängt die Zeit.

 

Beim jährlichen Bericht machte der Leiter des Horts, Matthias Euchner, deutlich, dass pro Tag mehr Kinder betreut werden müssen. Gleichzeitig wächst ihm zufolge die Zahl der Eltern, die ihre Kinder an allen fünf Tagen betreuen lassen. Dass der Bedarf bald abnimmt, glaubt Euchner nicht: Zum einen gebe es bereits Anmeldungen von Kindern, die mit ihren Familien in das Neubaugebiet Hälde ziehen. Und auch Flüchtlinge werden wohl dazukommen. In der Folge rechnet man vom Sommer an mit zehn bis 15 Kindern mehr – pro Tag.

Kein Landeszuschuss für neue Hortgruppen

Derzeit ist die Zahl der Kinder, die gleichzeitig betreut werden, auf 50 begrenzt. Könnte man Kinder auch darüber hinaus zulassen, wäre diese Zahl vom Herbst an an drei Tagen pro Woche überschritten. Die Begrenzung hängt mit der Betriebserlaubnis zusammen. Während die Gemeinde die Zahl der Plätze der Betreuung im Rahmen der verlässlichen Grundschule (BVG), wo die Kinder zu Randzeiten der Schule betreut werden, flexibel anpassen kann, ist das beim Hort von der Erlaubnis des Kommunalverbands für Jugend und Soziales Baden-Württemberg abhängig. Mit dem ist man im Gespräch.

Denn das wäre eine denkbare Lösung: Die Zahl der Plätze könnte dauerhaft um eine halbe Gruppe mit bis zu zwölf Kindern aufgestockt werden. Dann müsste die Gemeinde eine weitere Vollzeitkraft einstellen. Einen Landeszuschuss für neue Hortgruppen gibt es jedoch nicht mehr, und die Verwaltung merkt an, dass das Defizit im Haushalt, das der Hort verursacht, ohnehin groß sei. In diesem Jahr rechnet man mit einem Minus von 115 000 Euro.

Eltern sollen Arbeitsbescheinigung vorlegen

Schon bevor über eine mögliche weitere halbe oder gar ganze Gruppe entschieden wird, will die Verwaltung an anderer Stelle ansetzen: Arbeitstätige Eltern sollen bevorzugt werden. Dies ist bislang kein Kriterium bei der Aufnahme. Ob das zielführend ist, ist jedoch unklar: Laut Hort sind schon jetzt 70 Prozent der Eltern beide berufstätig, 20 Prozent erziehen ihr Kind allein.

Mehrheitlich stimmten die Räte für den Vorschlag der Verwaltung, die Arbeitsbescheinigungen anzufordern. In der SPD war man jedoch der Ansicht, dass das, so Wolfgang Stehmer, „das Problem nicht löst“. Stattdessen müsse man sich darauf einrichten, dass es mehr Kinder zu betreuen gebe. Das sahen auch andere Räte so: „Wir werden dauerhaft eine weitere Gruppe brauchen“, sagte Walter Bauer (CDU). Sabine Waldenmaier (Freie Wähler) stellte sich indes die Frage, ob das Hort-Angebot auswärtige Schüler nach Hemmingen locke, die sonst womöglich auf eine andere Schule gingen. „Es gibt keinen Tourismus für Hortplätze“, widersprach der Bürgermeister Thomas Schäfer.

Eine vielerorts diskutierte Alternative oder Ergänzung zur Betreuung wird unterdessen in Hemmingen wohl so bald nicht eingeführt: die Ganztagsgrundschule. „Viele Mütter in Hemmingen wollen Flexibilität“, sagte Barbara von Rotberg (FDP); Walter Bauer (CDU) pflichtete bei, der Ganztag sei von den Eltern „ganz bewusst nicht gewollt“. Selbst wenn man das Modell einführen würde – eine Betreuung zwischen dem spätestmöglichen Schulschluss um 15.30 Uhr und 17 Uhr wäre wohl trotzdem nötig, merkte der Bürgermeister an.

Kein Geld mehr vom Land

Geht es nach dem Willen der Landesregierung, werden die rund 2400 Grundschulen im Land sukzessive in Ganztagsschulen umgewandelt – entweder in Form eines generellen Ganztags, oder als Option. In diesem Fall können die Eltern wählen, welches Modell ihre Kinder besuchen. Das entsprechende Ganztagsschulgesetz hatte die grün-rote Landesregierung 2014 gegen den Widerstand der Opposition aus CDU und FDP auf den Weg gebracht. Einen Landeszuschuss für Betreuungsangebote im Rahmen der Grundschule gibt es seit dem Schuljahr 2015/2016 nicht mehr. Einrichtungen, die bislang vom Land gefördert wurden, wird ein Bestandsschutz gewährt, später hinzugekommene Gruppen erhalten keinen Zuschuss mehr.

An immer mehr Orten stellt sich grundsätzlich die Frage, ob eine Grundschule zur Ganztagseinrichtung werden soll. In Korntal-Münchingen sorgt das seit längerem für Diskussionen. Viele Eltern – das hat eine Umfrage der Stadt gezeigt – wollen den Ganztag nicht, sondern ihre Kinder flexibel und je nach Bedarf betreuen lassen. Eng verknüpft mit dem Thema ist die Zukunft der Hort- und Kernzeitbetreuung. Diese ist teuer für die Stadt – aber von vielen Eltern gewünscht. Mehr als 1100 Unterschriften kamen Anfang 2015 für den Erhalt des flexiblen Systems zusammen. Die Teichwiesenschule hat unterdessen ein Konzept erarbeitet, bei dem die Eltern zwischen Ganz- und Halbtag wählen können. Eigentlich sollte der Gemeinderat schon im Dezember eine Grundsatzentscheidung treffen, noch steht das Votum jedoch aus.