Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Die Grotte von Massabielle

Seit 150 Jahren zieht es die Pilger in Scharen zur Grotte von Massabielle, wo der Überlieferung nach am 11. Februar 1858 eine weiß gekleidete Frau der 14-jährigen Müllerstochter Bernadette Soubirous erschienen war. Insgesamt soll sich die Jungfrau Maria dem asthmakranken Mädchen 18-mal gezeigt haben. Bernadettes Erzählungen machten Lourdes zum bedeutendsten katholischen Wallfahrtsort.

 

Wer nach Lourdes kommt, um zu beten und das Wasser aus der Mariengrotte zu trinken oder sich mit ihm zu waschen, ist tiefreligiös. Für Todkranke ist die fromme Tour oft der letzte Hoffnungsschimmer. Doch auch in diesem wundersamen 15 000-Einwohner-Ort ist das Mirakulöse die absolute Ausnahme.

Lourdes-Reisen lassen keinen Kranken automatisch genesen. Kein noch so inniges Gebet kann multiple Sklerose heilen oder bösartige Tumore zurückbilden. „Selbst der katholischste Arzt wird keinem Krebskranken sagen: Gehe nach Lourdes und trinke Wasser“, sagt Jacques Perrier, der emeritierte Bischof von Lourdes.

„Es gibt Wunder – Ich habe es selbst gesehen“

Heilungen mögen selten sind, aber es gibt sie ist Patrick Theillier, der frühere Chef des Medizinischen Büros im Wallfahrtsbezirk, überzeugt: „Es gibt Wunder. Ich habe es selbst gesehen.“ Ausnahmen vom Naturgesetz seien in der Medizin möglich.

Nach katholischem Verständnis ist eine Heilung dann ein Wunder, wenn sie völlig aus den gewohnten Gesetzen eines Krankheitsverlaufes ausbricht und unter außergewöhnlichen und unvorhersehbaren Bedingungen stattfindet.

Die Grotte von Massabielle

Seit 150 Jahren zieht es die Pilger in Scharen zur Grotte von Massabielle, wo der Überlieferung nach am 11. Februar 1858 eine weiß gekleidete Frau der 14-jährigen Müllerstochter Bernadette Soubirous erschienen war. Insgesamt soll sich die Jungfrau Maria dem asthmakranken Mädchen 18-mal gezeigt haben. Bernadettes Erzählungen machten Lourdes zum bedeutendsten katholischen Wallfahrtsort.

Wer nach Lourdes kommt, um zu beten und das Wasser aus der Mariengrotte zu trinken oder sich mit ihm zu waschen, ist tiefreligiös. Für Todkranke ist die fromme Tour oft der letzte Hoffnungsschimmer. Doch auch in diesem wundersamen 15 000-Einwohner-Ort ist das Mirakulöse die absolute Ausnahme.

Lourdes-Reisen lassen keinen Kranken automatisch genesen. Kein noch so inniges Gebet kann multiple Sklerose heilen oder bösartige Tumore zurückbilden. „Selbst der katholischste Arzt wird keinem Krebskranken sagen: Gehe nach Lourdes und trinke Wasser“, sagt Jacques Perrier, der emeritierte Bischof von Lourdes.

„Es gibt Wunder – Ich habe es selbst gesehen“

Heilungen mögen selten sind, aber es gibt sie ist Patrick Theillier, der frühere Chef des Medizinischen Büros im Wallfahrtsbezirk, überzeugt: „Es gibt Wunder. Ich habe es selbst gesehen.“ Ausnahmen vom Naturgesetz seien in der Medizin möglich.

Nach katholischem Verständnis ist eine Heilung dann ein Wunder, wenn sie völlig aus den gewohnten Gesetzen eines Krankheitsverlaufes ausbricht und unter außergewöhnlichen und unvorhersehbaren Bedingungen stattfindet.

Auch die Medizin kennt Heilungen, sogenannte Spontan-Remissionen, bei denen plötzlich eine Besserung oder Heilung eintritt – etwa bei malignen Tumoren. Doch im Gegensatz zu „kirchlichen Wundern“, die sich jeder wissenschaftlichen Prüfung entziehen, sind „medizinische Wunder“ als reale, aber äußerst seltene Phänomene anerkannt. So kommt es bei einem von 60 000 bis 100 000 an einem Malignom Erkrankten zu einer Remission.

Was Glaube und Spiritualität bewirken können

Immer wieder geschieht Unfassbares

Es muss nicht immer ein Wunder sein. Glaube und Gebet haben für Christen generell eine heilende Wirkung. „Nur in ganz wenigen Fällen kann ein Gelähmter in Lourdes wieder gehen“, erläutert der argentinische Priester Angel Strada von der Schönstattbewegung. „Meistens erleben Menschen eine psychische Heilung. Sie erkennen einen Sinn in ihrer Krankheit und können sie als Teil ihres Lebens annehmen, ohne daran zu zerbrechen.“

In den USA vermelden Forscher immer wieder Unglaubliches. In zahlreichen Untersuchungen wollen sie nachgewiesen haben, dass Gläubige länger und gesünder leben, ihr Blutdruck niedriger ist und Gottesdienstbesucher über ein besseres Immunsystem verfügen als Areligiöse.

Grenzgänge zwischen Religion und Wissenschaft

Was ist von diesen Grenzgängen zwischen Religion und Wissenschaft zu halten? Der Münchner Religionspsychologe Bernhard Grom hält sie durchaus für plausibel. Religiös aktive Menschen würden tendenziell weniger rauchen und Alkohol trinken. Durch den gemeinsamen Glauben hätten sie einen großen Freundeskreis, der sich in Krisenzeiten bewähre. Schließlich helfe ihr Glaube, Belastungen besser zu verarbeiten, so Grom.

Trotz dieses „Gesundheitsplus“ könne der Glaube aber niemals medizinische Behandlungen ersetzen. Grom: „Glaube heilt keine schweren Erkrankungen, er verhindert nur manche von ihnen und fördert Heilungsprozesse.“

Krankheit bejahen

Der Glaube kann eine wichtige präventive und therapeutische Funktion ausüben. Der Mediziner Arndt Büssing betreute an der Universität Witten-Herdecke ein Forschungsprojekt zum Thema Glaube und Gesundheit. Sein Fazit: Zwar habe Spiritualität keine nachweisbaren Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit, doch könne der Glaube „von ausschlaggebender Bedeutung dafür sein, wie ein Patient mit seiner Krankheit umgeht und sein Leben mit oder trotz der Bedrohung gestaltet“. Mehr noch: Glaube und Gebet seien oft so wichtig, dass sich Menschen auch in „ihrer Krankheit bejahen und als liebenswert erfahren“.

Nur weil die Wirksamkeit mit wissenschaftlichen Methoden nicht nachweisbar ist, heißt das nicht, dass der Glaube automatisch eine Wunderdroge oder ein Placebo ist. „Entscheidend ist die Erkenntnis, dass in spirituellen Erfahrungen und spirituellem Erleben machtvolle therapeutische Ressourcen liegen“, erläutert der Internist Linus Geisler, ehemaliges Mitglied der Enquetekommission Ethik und Recht in der modernen Medizin.

Sinn, Halt, Hoffnung

Der Glaube kann Menschen beim Umgang mit Leiden unterstützen, ihnen Sinn und Halt bieten. Viele Menschen finden in der Hoffnung auf eine transzendente Macht Trost und Zuversicht. Zudem stiftet Glaube ein Sinnpotenzial: Er hilft äußere und innere Ereignisse besser zu verarbeiten.

Auch wenn Glaube kein Garant für Gesundheit und ein langes Leben sei, setze ein positiver Glaube doch Kräfte frei, die „über eine Placebo-Wirkung hinausgehen“, betont Michael Utsch von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen in Berlin.

Seit es den christlichen Glauben gibt, steht er in der Kritik. Religion sei Opium fürs Volk, Ausdruck unbewusster, infantiler Prozesse oder Manifestation der Angst vor dem Mysteriösen und Tod – so lauten die Thesen von Religionskritikern wie Karl Max, Sigmund Freud oder Bertrand Russell.

Der Psychologe Eckart Straube nimmt die Suche nach dem Numinosen vor Kritikern in Schutz. Glaube – im Sinne einer Grundhaltung des Vertrauens und der vorbehaltlosen Bejahung – sei „kein Trick, sondern eine mit Respekt zu behandelnde intime Existenzform des Menschen“. Als seelische Tätigkeit wirke er sich psychosomatisch aus und stärke die Selbstheilungskräfte. Orte wie Lourdes seien „überirdische Kraftquellen“. Durch die „mächtige Inszenierung“ entstehe eine besondere spirituelle Situation.

Glaube kann zum Fluch werden

Schattenseiten des Glaubens

Doch nicht jede Suche nach dem Heiligen ist heilsam. Segen kann auch zum Fluch werden, wenn der Glaube mehr schadet als nützt und Menschen krank macht. Wer ständig in der Furcht lebt, für seine Sünden von einem Richtergott bestraft zu werden und diese Strenge in seiner Glaubensgemeinschaft erlebt, neigt stärker zu Depression, Ängsten und psychosomatischen Störungen als Nichtgläubige. Zu diesem Ergebnis kommt der amerikanische Religionspsychologe Kenneth Pargament in einer Studie.

Vor allem eine strengreligiöse, moralisierende und leibfeindliche Erziehung kann zu Neurosen und sexuellen Störungen führen. Aus der spirituellen Ressource kann so eine psychosomatische Hypothek werden. „Nur diejenige Glaubenshaltung ist gesundheitsförderlich, die sich aus einer positiven und herzlichen Gottesbeziehung entwickelt“, schränkt Utsch ein.

Stützgerüst und Placeboeffekt

Für Atheisten wie den Münchner Entwicklungspsychologen Rolf Oerter hat der Glaube allenfalls die Funktion eines „Stützgerüsts und Placeboeffekts“. Wer fest von etwas überzeugt sei, könne dank der menschlichen Selbstheilungskräfte gesund werden. Oerter schließt nicht aus, dass Glaube glücklich machen und das Ich entlasten kann. Doch seien solche psychischen Auswirkungen auf den Organismus wissenschaftlich zu erklären. „Dahinter steckt keine Transzendenz, keine göttliche Macht, die eingreift.“

Auch der Psychologe und Religionskritiker Franz Buggle (1933-2011) hält Religion für „Wunschdenken, Illusion, eine Trostfunktion“. Buggle: „Für mich als Psychologen ist Glaube eine Art Reifestopp. Man schlüpft wieder unter den Muttermantel.“

In Lourdes wird das Evangelium wahrnehmbar

Den Lourdes-Mythos kann solche Skepsis nichts anhaben. Millionen von Pilgern sind felsenfest überzeugt, dass Glaube Berge versetzen und Krankheiten heilen kann – wie in der Bibel. Dort wird berichtet, wie Jesus Aussätzige, Blinde, Lahme, Besessene und Taubstumme heilte.

„Lourdes ist der Ort, an dem das Evangelium wahrnehmbar, zugänglich ist“, sagt Jacques Perrier, der bis 2012 Bischof von Tarbes und Lourdes war. „Und das, ohne die Bibel aufzuschlagen.“