Der Ministerpräsident Stefan Mappus stellt den Stuttgarter OB Wolfgang Schuster bloß. Doch der Schuss könnte nach hinten losgehen.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Stuttgart - Es hat in der Beziehung des Landes zu seiner Hauptstadt schon manche Verwerfung gegeben. Legendär ist die Episode, wie der Stuttgarter Oberbürgermeister Manfred Rommel einst eine entscheidende Sitzung zur Bankenfusion an einem Tag anberaumt hatte, da Ministerpräsident Lothar Späth auf Dienstreise weilte. Als der Regierungschef darob erbost anrief und das Stadtoberhaupt zur Rede stellen wollte, quittierte Rommel das Späth’sche Ansinnen mit den Worten, dass er eine Sitzung zu leiten habe und daher unabkömmlich sei. Danach war das Verhältnis der beiden Alphatiere zueinander eher gespannt.

 

Der jetzige Vorgang ist jedoch beispiellos. Noch nie hat ein Ministerpräsident öffentlich angekündigt, dass er sich in die Kommunalpolitik der Landeshauptstadt einmischen wolle – und diese Ankündigung mit seiner Einschätzung garniert, dass der amtierende Oberbürgermeister nicht mehr zur Wahl antreten und er selbst daher gemeinsam mit anderen nach einem geeigneten Kandidaten für dessen Nachfolge fahnden werde. Stefan Mappus hat dies gesagt, obwohl er wusste, dass sich Wolfgang Schuster erst nächstes Jahr dazu äußern wollte. Damit hat der Ministerpräsident den ohnehin angeschlagenen Oberbürgermeister stärker bloß gestellt als es ein Oppositionspolitiker vermocht hätte.

Zwar hat der Regierungschef, der in Personalunion CDU-Landesvorsitzender ist, allen Grund, sich um den desolaten Zustand zu sorgen, in dem sich der Stuttgarter Kreisverband seiner Partei befindet. Zudem hat er als Wahlkämpfer auf Landesebene für die Versäumnisse in Stuttgart geradezustehen. Auch ist Mappus nicht verborgen geblieben, dass es in der Rathausspitze keine funktionierende Kommunikation mehr gibt zwischen Schuster und dessen wichtigsten Beigeordneten, dem Finanzbürgermeister Michael Föll und der Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann. Doch trotz dieser Erkenntnis offenbart der Pforzheimer Mappus mit seiner Einlassung über die Stuttgarter Zustände vor allem, was er unter „durchregieren“ versteht. In der Landeshauptstadt dürfte er damit vor allem erreichen, dass Grüne und Union, SPD und FDP trotz aller Differenzen die Reihen schließen, um ihr vielleicht wichtiges Gut zu verteidigen – ihre Autonomie.