Auf der Nürtinger Nanzwiese Wohncontainer unter eine Hochspannungsleitung zu setzen, kann allenfalls eine temporäre (Not-)Lösung sein. Im Umgang mit den Bürgern hat sich die Stadtverwaltung nicht mit Ruhm bekleckert.
Nürtingen - Dass die Liberalen und die CDU im Nürtinger Gemeinderat mit ihrem Container-Kompromiss für die Nanzwiese im Roßdorf kaum Applaus finden, dürfte beide Fraktionen nicht überraschen. Zu groß ist in dem Stadtteil der Widerstand speziell gegen diesen Standort, als dass selbst diese temporäre Regelung die Wogen glätten könnte.
Der Stadtrat Klaus Fischer (Freie Wähler) bringt es auf den Punkt, indem er sagt, dass das Ergebnis „noch die beste aller schlechten Lösungen“ ist. Die Roßdorfer müssen die Kröte schlucken – in der Hoffnung auf einen Ersatzstandort, welcher die Nanzwiese in dem hochverdichteten Stadtteil wenigstens langfristig retten könnte.
Indes: kaum eine Wohnbaufirma würde heute ein Haus unter eine Starkstromleitung setzen. Nürtingen tut dies und quartiert dort die Schwächsten der Gesellschaft ein. Schon allein wegen dieses Signals kann die Unterbringung in Containern allenfalls eine befristete (Not-)Lösung sein. Der Kompromiss ist für die betroffenen Bewohner auch aus folgendem Grund ein fauler: Seit einigen Wochen wirbt die Stadtteilvertretung Bürgervereinigung Roßdorf bei Eigentümern intensiv dafür, Wohnraum dezentral an Flüchtlinge zu vermieten. Der Container-Beschluss wirkt auf dieses Engagement nicht förderlich.
An der Frustration der Bürger hat die Stadtverwaltung einen maßgeblichen Anteil. Denn eine wirkliche Information und Einbeziehung der betroffenen Bevölkerung hat nie stattgefunden. Zugute zu halten ist der Stadt, dass sie unter einem enormen Druck steht und händeringend nach Wohnraum sucht. Gerade deshalb ist der Dialog mit den Bürgern aber umso notwendiger.
Der Streit lenkt den Blick auch auf eine Schwachstelle in der Gesetzgebung. Vorsorglich dürfen heute über bestehende Wohngebiete keine Hochspannungsleitungen neu gezogen werden. Wer will, kann aber unter alten Leitungen weiter bauen. Dieser Widerspruch gehört aufgelöst. Ohne ihn gäbe es das für den Zusammenhalt Nürtingens abträgliche Tauziehen nicht.