Die Fahrzeugbranche sucht ihr künftige Struktur. Bosch steckt 400 Millionen Euro pro Jahr in den Elektroantrieb - das Auto von morgen.  

Stuttgart - Bosch dämpft die Euphorie rund um das Elektroauto. "Für das Jahr 2020 erwarten wir unter gut 100 Millionen neu produzierten Fahrzeugen insgesamt neun Millionen mit elektrifiziertem Antriebsstrang", sagt Bosch-Chef Franz Fehrenbach. Da es um das Auto von morgen geht, sind die aktuellen Anteile noch geringer. Bernd Bohr, zuständig für die Kraftfahrzeugausrüstung, verdeutlicht das anhand eines Vergleichs. So machen die Stuttgarter in ihrem Kernbereich der Kraftfahrzeugausrüstung, der Benzin- und Dieseleinspritzung für Verbrennungsmotoren, einen Umsatz von 14 Milliarden Euro. Die Erlöse aus dem Verkauf von Produkten zur Elektrifizierung des Antriebs machen gerade mal ein Prozent dieser Summe aus.

 

Gleichwohl investiert Bosch hier massiv. Pro Jahr werden 400 Millionen Euro in Forschung und Entwicklung auf diesem Gebiet gesteckt; 800 Entwickler arbeiten am Elektroantrieb. Wohin genau die Reise beim Elektroantrieb geht, weiß auch Fehrenbach nicht sicher. Aber der Bosch-Chef geht davon aus, dass es bei der Wahl zwischen Verbrennungs- und Elektromotor statt eines Entweder-oder ein Sowohl-als -auch beim Antrieb geben wird. Fehrenbach: "Wir sehen vorerst bessere Chancen für Plug-in-Lösungen: ein Akku, kleiner, kostengünstiger, an der Steckdose aufladbar, kombiniert mit einem Benzin- oder Dieselmotor für lange Strecken."

Viel Kooperation, um die Stückzahlen zu erhöhen

Den reinen Elektroantrieb vernachlässigt Bosch aber keineswegs. So wurde in dieser Woche mit Daimler vereinbart, den hierfür erforderlichen sogenannten Traktionsmotor gemeinsam in einem Joint Venture für den Premiumhersteller zu entwickeln und zu bauen; via Bosch sollen auch andere Hersteller beliefert werden. Kleine Elektromotoren, die im Hybridantrieb zum Einsatz kommen, fertigen beide Unternehmen unabhängig voneinander an den Standorten Hildesheim (Bosch) und Berlin (Daimler, ab 2012).

Die Bindung an einen einzigen Fahrzeughersteller bezeichnet Bohr als einen "innovativen Weg", den das Unternehmen in der "Inkubationsphase" der Elektromobilität beschreite, der aber nicht völlig neu sei. Kooperationen gebe es auch mit Hyundai (Korea) und chinesischen Herstellern. Für Fehrenbach ist die Allianz ein Vorhaben, bei dem beide Unternehmen profitieren: "Wir bündeln unser Knowhow und teilen die Aufwendungen."

Dass sich andere Autohersteller gegenüber Daimler benachteiligt sehen, glaubt Fehrenbach zunächst einmal nicht. Aus seiner Sicht ist die gesamte Automobilindustrie noch auf der Suche nach ihrer künftigen Struktur und Arbeitsteilung. Deshalb, so Fehrenbach, gebe es alle möglichen Formen der Kooperation, durch die die Hersteller auf große Stückzahlen kommen wollen. So arbeitet BMW mit Peugeot-Citroën zusammen, und Daimler setzt nicht nur auf Bosch, sondern auch auf Renault. Volkswagen hofft, alleine die nötige Größe zu haben und will aus dem Werk Kassel den gesamten Konzern beliefern.