Morgan Stanley hätte das Land bei dem EnBW-Deal aus Gründen der Seriosität nicht beraten dürfen, sagt StZ-Redakteur Michael Heller. Das hat nicht nur etwas mit Dirk Notheis zu tun.

Stuttgart - Überzeugend ist das nicht. Wenn die Investmentbank Morgan Stanley sicher sein sollte, dass ihr Chef Dirk Notheis sich nichts hat zuschulden kommen lassen, dann gibt es für den 44-Jährigen auch keinen Grund, eine Auszeit zu nehmen. Er ist schließlich kein gewählter Politiker, der sein Amt für eine Weile ruhen lassen könnte, sondern ein hochrangiger Angestellter. Und wenn aus Sicht der Bank etwas bei dem EnBW-Deal nicht gestimmt haben sollte, dann ist eine Pause für den Chef auch keine adäquate Reaktion.

 

Morgan Stanley scheint typisch zu sein für die Zunft der Investmentbanken, denen ohnehin das Gefühl dafür abhandengekommen ist, was geht und was nicht. Gerne wird in der Branche geprahlt, wie bestens vernetzte Banker mal wieder irgendwelche lukrativen Geschäfte an Land gezogen haben. Nun ist gegen gute Kontakte nichts einzuwenden. Aber allzu große Nähe führt fast zwangsläufig zu Interessenkonflikten führen. Der EnBW-Deal ist geradezu ein Paradebeispiel dafür.

So ist Dirk Notheis eng mit dem früheren Ministerpräsidenten Stefan Mappus befreundet. Und genau so war die Diktion ihres E-Mail-Dialogs, die angesichts der Dimension des Geschäfts so völlig unangemessen wirken muss: Da chatten zwei Kumpel. Ein unabhängiger Berater spricht anders mit seinem Auftraggeber, ein Kaufinteressent verbittet sich solch einen Ton eines Dienstleisters. Notheis hätte das Mandat nicht betreuen dürfen. Aus Gründen der Seriosität hätte die Bank ganz auf das gewiss lukrative Geschäft verzichten müssen. Denn auch zum Verkäufer bestand eine nicht zu billigende Nähe. Bekanntlich ist Frankreichstatthalter René Proglio der Bruder von EdF-Chef Henri Proglio. So ist das Milliardengeschäft Ausdruck der Großmannssucht einer ganzen Branche, die keine Regeln mehr anerkennen mag.