Jetzt wird der Arbeitskampf auf dem Rücken der Fahrgäste ausgetragen. Die Kompromissfähigkeit der Tarifpartner steht auf dem Prüfstand.  

Stuttgart - Früher als erwartet haben sich die Fronten im Tarifkonflikt des öffentlichen Nahverkehrs erheblich verhärtet. Nach der von den SSB am Montag verkündeten Betriebseinstellung sind die Bus- und Stadtbahnkunden unmittelbar betroffen - alle müssen mindestens bis Samstag draußen bleiben und selbst sehen, wie sie zum Arbeitsplatz, zur Universität oder in die Schule kommen. Dass die S-Bahnen noch fahren, ist in dieser Situation für viele wohl nur ein schwacher Trost.

 

Dabei hatte sich die Tarifauseinandersetzung in Stuttgart für die Nahverkehrskundschaft zunächst recht akzeptabel entwickelt: Verdi konzentrierte sich bei den SSB vor allem darauf, Automatenservice, Kundencenter und Kontrolleure zu bestreiken, um die eigene Kasse zu schonen und sich die Sympathien der Öffentlichkeit zu erhalten.

Kredit in der Öffentlichkeit ist bald verspielt

Diese bis jetzt recht erfolgreiche gewerkschaftliche Strategie dürfte nicht nur in der SSB-Chefetage großes Missfallen ausgelöst haben. Es gab also Grund genug, um auf Abhilfe zu sinnen - und den gesamten Fahrbetrieb aus Sicherheitsgründen bis auf Weiteres stillzulegen. Keine Frage, Busse und Bahnen müssen sicher unterwegs sein. Der Schritt der SSB, den Verdi als Aussperrung verurteilt, kommt allerdings auffällig rasch, zumal die Gewerkschaft bereit ist, den notwendigen Sicherheitsservice in den Werkstätten zu gestatten.

Jetzt wird der Streik massiv auf dem Rücken der Fahrgäste ausgetragen. Deshalb müssen beide "Tarifpartner" bei der nächsten Verhandlungsrunde am Donnerstag ihrer hohen Verantwortung gerecht werden und kompromissfähige Angebote auf den Tisch legen. Das bedeutet, dass Verdi seinen großen Forderungskatalog kürzen und die Arbeitgeber ihr schwaches Angebot verbessern müssen. Nach dem Gespräch im Waldau-Park muss ein Ausweg aus dem Tarifstreit erkennbar sein. Ansonsten dürften beide Seiten ihren Kredit in der Öffentlichkeit sehr rasch verspielt haben.

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