Der Energiekonzern EnBW fällt seit Monaten ausschließlich durch Negativschlagzeilen auf. Daran ist die grün-rote Landesregierung nicht unschuldig, kommentiert der StZ-Wirtschaftschef Michael Heller.

Stuttgart - Gegenwärtig vergeht kaum ein Tag ohne schlagzeilenträchtige Neuigkeiten über den Energiekonzern Energie Baden-Württemberg (EnBW). Und nichts davon ist erfreulich. Seien es pikante Details aus dem Untersuchungsausschuss des Landtags, fragwürdige Vorgänge in Russland oder sei es die irritierende Haltung des Miteigentümers Baden-Württemberg dem Unternehmen gegenüber. Die EnBW schwächelt, und das ausgerechnet in Zeiten, in denen eigentlich ein starker Versorger gebraucht würde, um die Wende auf dem Energiemarkt – weg von der Atomenergie, hin zu den erneuerbaren Energien – zu vollziehen. Dabei sind die Herausforderungen für keinen Versorger größer als für die atomlastigen Karlsruher.

 

Der EnBW-Deal ist umstritten wie eh und je. Dabei sind ordnungspolitische Bedenken gegen den Wiedereinstieg des Landes durchaus nachvollziehbar. Aber andererseits hat die Regierung ein Instrument in die Hand bekommen, die eminent wichtige Energiewende nicht nur politisch zu forcieren, sondern als Akteur selbst voranzutreiben. Gewiss gibt es Versäumnisse auf bundespolitischer  Ebene,  aber  die  grün-rote Landesregierung hat bisher nichts aus ihrer Beteiligung gemacht. Schlimmer noch: sie hat das Unternehmen sogar in eine bedenkliche Situation manövriert.

Vom Vorstand ist kein Wort zu hören

Wann hätte es das je gegeben, dass ein Eigentümer sein eigenes Unternehmen so wie Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid schlechtredet, das aber keineswegs als Misstrauensvotum verstanden wissen will? Wäre Schmid konsequent, dann müsste die Beteiligungsgesellschaft Neckarpri die EnBW-Anteile eigentlich abwerten – was die Gefahr der Überschuldung nach sich ziehen würde. Aber so ernst ist es dem Minister wohl nicht. Er will ein bisschen mit dem Alteigentümer EdF pokern und nimmt dabei in Kauf, dass ein heimischer Konzern mit 24 000 Beschäftigten ins Gerede kommt. Die Gespräche mit Ratingagenturen und Geldgebern werden jetzt auf jeden Fall nicht einfacher.

Vom Vorstand ist zu den Vorgängen kein Wort zu hören. Noch-Chef Hans-Peter Villis sieht keinen Anlass, sich schützend vor das Unternehmen und seine Mitarbeiter zu stellen. Dabei würde dazu gar nicht viel Mannesmut gehören, denn längst ist klar, dass er am 1. Oktober von dem bisherigen Eon-Manager Frank Mastiaux abgelöst wird. Aber das Ende fügt sich in die Bilanz seiner gesamten Amtszeit: Bei der EnBW ist seit dem Antritt des Westfalen im Herbst 2007 nichts so recht von der Stelle gekommen. Das ist gewiss nicht nur die Schuld von Villis.

Schwer erträglicher Schwebezustand

Aber der Chef, eigentlich ein eingefleischter Atombefürworter, hat das Unternehmen nur unzureichend auf die Nach-Atom-Zeit vorbereitet, ist mit seiner Gasstrategie gescheitert und hat kein Auslandskonzept erkennen lassen. Zudem muss die Struktur des Konzerns mit seinen vielen Töchtern und einer großzügig dimensionierten Holding vereinfacht werden. Das trägt natürlich nicht zur Beruhigung der Mitarbeiter bei, die seit langem wissen, dass Stellen gestrichen und 250 Millionen Euro gespart werden sollen.

Eigentlich ist es ja Sache der Eigner, den Kurs festzulegen. Aber die Landesregierung und die Oberschwäbischen Elektrizitätswerke wollten das dem Vorstand überlassen. Das hat Zeit gekostet. Und die Lähmung wird andauern, denn wenn der neue Chef sein Amt im Oktober antritt, dann muss er sich zunächst einmal einarbeiten. Weitere Monate werden also verstreichen, bis klar ist, wohin die Reise geht – ein schwer erträglicher Zustand. Gleichwohl gibt es Handlungsoptionen. Ein Schritt zur Beruhigung der Lage wäre die Rücknahme der befremdlichen Klage gegen die EdF, mit der das Land auch den Mitgesellschafter gegen sich aufgebracht hat. Zu prüfen ist auch, ob Mastiaux nicht früher kommen kann. Dafür spricht, dass sein Nachfolger bei Eon bereits seit dem 1. Juni im Amt ist.