Der „Tatort“ aus Stuttgart, der die Schleuser-Kriminalität zum Thema hat, lässt viele Fragen offen. Diese Unschärfe ist seine Stärke.

Stuttgart - Dreiundzwanzig Menschen ersticken hinter der Wandverkleidung eines Lastwagens. Sie sind im Stehen gestorben, weil es zu eng ist und weil Holzlatten die Körper daran hinderten, in sich zusammen zu sacken. Kein Zweifel, diese drastische Szene soll uns daran erinnern, wer die Opfer sind in der Flüchtlingskatastrophe. Ein Bild allerdings, das auch deshalb unangenehm berührt, weil die Leichen wie ausgestellt wirken.

 

„Im gelobten Land“ ist ein Krimi in bester gesellschaftskritischer „Tatort“-Tradition. Mit einem Kommissar Lannert, der im Alleingang sein schlechtes Gewissen bekämpft, weil er und seine Kollegen den Lkw zu lange observiert hatten. Eine hochdramatische Geschichte aus Stuttgart, die nur die Zeitspanne weniger Stunden umfasst, zugespitzt zu einem von Beginn an spannenden Duell zwischen Schleusern und Polizei, mit einem großartigen Richy Müller. Der Polizei-Einsatz im Flüchtlingsheim ist zugleich dichtes Kammerspiel und Weltreise: Wenn das Sondereinsatzkommando, angeführt von einem dunkelhäutigen Beamten (!), im Flüchtlingsheim von Tür zu Tür geht, begegnen wir einer Vielzahl von Nationalitäten, Sprachen und Hautfarben. Und der Angst in den Gesichtern der Flüchtlinge.

Vieles bleibt offen, unklar. Der Schleuser fährt mit seiner toten Schwester im Auto – zählten sie wirklich zu den „Guten“, wie Lannert spottet? – unbehelligt ins Ungewisse. Was wurde aus der Familie der verwundeten Nigerianerin? Und wer war der Herr im Anzug, der per Telefon die Fäden zog? Diese Unschärfen sind eine Stärke des Films. Die Kommissare lösen den Fall, und die Welt ist wieder in Ordnung? Hier sicher nicht. Aber vierzig Menschen hat Lannert gerettet. Ein Film wie eine Parabel, die an unser Gewissen appelliert.