Der Konzern sorgt für mögliche Strafzahlungen wegen wettbewerbswidriger Absprachen vor. Wegen der aktuellen Entwicklungen verstärkt Bosch nun die Schulungen zum Thema regelkonformes Verhalten – und überprüft, ob Mitarbeiter teilnehmen.

Stuttgart - Lieber Geld verlieren als Vertrauen – das ist einer der ehernen Grundsätze des Firmengründers Robert Bosch gewesen, auf den sich im Unternehmen jeder berufen kann, der von krummen Geschäften abrät. Dass dies im Hause Bosch nicht (mehr) jedem klar ist, zeigt der aktuelle Geschäftsbericht. Bosch hat 150 Millionen Euro Rückstellungen gebildet, weil der Verdacht besteht, dass mit anderen Autozulieferern Preise abgesprochen wurden.

 

Geführt werden die Ermittlungen von der EU-Kommission, und betroffen davon ist keineswegs nur Bosch. „Wir vermuten Kartelle in fast allen Teilen, die man für ein Auto braucht. Das ist unglaublich“, hatte Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia in einem Interview gesagt. Seine Behörde nannte Beispiele: Sitzgurte, Airbags, Lenkräder, Kugellager, Klimaanlagen, Scheinwerfer und Motorkontrollsysteme. Die beiden Kugellagerhersteller Schaeffler und SKF haben für mögliche Kartellbußen Rückstellungen gebildet; bei Schaeffler sind es 380 Millionen Euro, bei SKF 330 Millionen Euro. Bereits vor knapp einem Jahr hatte die EU wegen Preisabsprachen bei Kabelbäumen für Renault, Toyota, Honda und Nissan 142 Millionen Euro Bußgeld verhängt.

Auf die Fälle in seinem Haus mag Bosch-Chef Volkmar Denner aus rechtlichen Gründen nicht weiter eingehen, aber mit der Rückstellung, die „vorsorglich und auf Basis der jetzigen Erkenntnisse“ gebildet wurde, räumt der Konzern ein, dass an den Vorwürfen etwas dran ist. Bereits gezahlt hat Bosch in Korea. Die koreanische Wettbewerbsbehörde verurteilte die Tochter Bosch Electrical Drives im Dezember 2013 zu einem Bußgeld von vier Millionen Euro – „wegen verbotenen Informationsaustausches“. Gegen diese Entscheidung hat Bosch Rechtsmittel eingelegt. Denner lässt keinen Zweifel daran, dass ihm wettbewerbswidrige Absprachen gegen den Strich gehen. „Wir stellen uns dem Wettbewerb und wollen unsere Kunden nur mit der Qualität unserer Produkte und Leistungen überzeugen. Alles andere widerspricht nicht nur Recht und Gesetz, sondern auch den fundamentalen Leitlinien und Werten unseres Unternehmens – und wird nicht toleriert.“

Dass er es ernst meint, geht auch aus einem Brief an die Mitarbeiter vom 27. März hervor. Dass den Brief, der der Stuttgarter Zeitung vorliegt, auch der Aufsichtsratsvorsitzende Franz Fehrenbach unterschrieben hat, ist eigentlich unüblich bei Bosch und wirkt wie ein Ausrufezeichen. „Lieber verzichten wir auf Geschäft, als dass wir gegen Recht und Gesetz verstoßen“, heißt es in Abwandlung von Robert Boschs Maxime. Vor einigen Jahren hat Bosch ein Schulungsprogramm zum Kartellrecht aufgelegt, an dem seit 2012 bereits etwa 16 000 Mitarbeiter teilgenommen haben. Wegen der aktuellen Entwicklungen verstärkt Bosch nun die Schulungen zum Thema Compliance, also dem regelkonformen Verhalten. Zudem wurde eine neue Zentralanweisung Kartellrecht herausgegeben, die allen Beschäftigten in heiklen Fällen Hinweise gibt, wo die rote Linie verläuft. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, lautet der Grundsatz: So wird erfasst, ob ein Mitarbeiter, der zur Schulung angemeldet war, auch tatsächlich teilgenommen und das gesamte Programm absolviert hat. Die Schulung ist nicht als einmalige Veranstaltung gedacht. So wurden bereits in der Vergangenheit Mitarbeiter ein zweites Mal geschult, weil sich in der Zwischenzeit die Rechtslage geändert hatte.

Dass die Vorgaben eingehalten werden, soll durch „wirksame Kontrollmechanismen“ sichergestellt werden, heißt es in dem Brief: „Es gehört bei Bosch zur Führungsverantwortung eines jeden Vorgesetzten, seine Mitarbeiter dabei zu unterstützen, nur solche Geschäfte zu machen, die die gesetzlichen Vorgaben und internen Leitlinien einhalten.“ Saubere Geschäfte sind eine Frage der Moral, aber auch der Wirtschaftlichkeit: „Jede mögliche Strafzahlung entzieht uns die Mittel, die wir für das Wachstum unseres Unternehmens brauchen“, schreiben Denner und Fehrenbach.