Weihnachtsbaum ist nicht gleich Weihnachtsbaum: Für den Christbaum gelten in Deutschland fünf verschiedene Steuersätze. Der Steuerzahlerbund kritisiert das „verrückte System“.

Stuttgart - In der Adventszeit ist der Gang zum Glühweinstand auf dem Weihnachtsmarkt fast schon obligatorisch. Ein, zwei kleine Heißgetränke und auf einmal ist alles ein bisschen lustiger. Man kann wohl davon ausgehen, dass in der Nähe der Glühweinstände auch Christbäume stehen. Diese sind nicht per se lustig. Schaut man sich aber die Besteuerung der Weihnachtsbäume an, könnte man meinen, man habe schon zwei oder drei Glühwein getrunken. Denn für Weihnachtsbäume gibt es nicht einen, nicht zwei, sondern gleich fünf verschiedene Umsatzsteuersätze. Je nachdem, von wem der Baum verkauft wird, können unterschiedliche Steuerätze angewendet werden. Auch wo und wie der Baum gewachsen ist, spielt am Ende bei der Besteuerung eine Rolle.

 

„Das System ist verrückt, es muss aufgeräumt werden“, meint Reiner Holznagel, Präsident des Steuerzahlerbunds. Deshalb fordert er einheitliche Regelungen, es handle sich um ein grundsätzliches Problem. Die verschiedenen Sätze gelten nicht nur für Weihnachtsbäume, sondern auch für andere Produkte wie Ostereier. Die Grundregeln seien immer die selben: „Der Weihnachtsmann ist genauso schlecht dran wie der Osterhase“.

Aber der Reihe nach. Die einfachste Variante im Weihnachtsbaum-Verwirrspiel: Der Kauf eines Weihnachtsbaums aus Plastik. Ob Douglasie, Blaufichte oder Nordmanntanne: Künstliche Bäume werden immer mit 19 Prozent versteuert.

Kompliziert wird es in Sachen Steuer bei echten Bäumen. 2015 standen nach Angaben des Hauptverbands der Deutschen Holzindustrie (HDH) insgesamt rund 29,3 Millionen Bäume in deutschen Wohnzimmern. Im vergangenen Jahr sind laut Statistischem Bundesamt außerdem 2,5 Millionen Weihnachtsbäume im Wert von 28 Millionen Euro aus dem Ausland importiert worden. 2014 wurden noch deutlich mehr Bäume importiert. Damals lag die Zahl bei 2,9 Millionen Stück. Der Lieblingsbaum der Deutschen ist die Nordmanntanne. Sie wird von 80 Prozent der Deutschen gekauft. Eher unbeliebt ist die Nobilistanne – sie stand 2015 nur in drei Prozent der deutschen Wohnzimmer. Die deutschen Bäume kommen vor allem aus Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Niedersachen. Etwa zwei Drittel der Bäume stammen aus diesen Bundesländern.

Egal aus welcher Region sie stammt: Wird eine Nordmanntanne oder eine Nobilistanne von einem Gewerbetreibenden verkauft, also zum Beispiel in einem Gartencenter oder im Baumarkt, dann fallen sieben Prozent Umsatzsteuer an. Wird der gleiche Baum von einem Bauern verkauft, sieht die Sache schon anders aus.

Der Fiskus unterscheidet zwei Gruppen von Bauern. Die erste Gruppe nutzt ein Angebot des Finanzamtes, bei dem sie für ihre Geschäfte pauschal einen Steuersatz abrechnen. Das soll der Vereinfachung dienen. Für den Weihnachtsbaumverkauf bedeutet das nun folgendes: Stammt der Baum aus einer Sonderkultur, ist also extra für den Verkauf gezüchtet worden, bezahlt der Kunde 10,7 Prozent Steuer, weil er in diesem Fall ein landwirtschaftliches Produkt ist. Ist der Baum natürlich und zufällig im Wald gewachsen und am Ende dort gefällt worden, dann fallen 5,5 Prozent Steuer an. In diesem Fall ist der Baum ein forstwirtschaftliches Produkt.

Große Unterschiede bei Käufen von Landwirten

Aber Achtung, hier kommt die Ausnahme von der Ausnahme: Ein Bauer kann sich auch gegen diese Regelung entscheiden und zahlt dann den üblichen Satz von sieben Prozent. Dann ist auch egal, ob die Tanne wild im Wald gewachsen ist oder ob sie aus einer Siedlung stammt.

Reiner Holznagel vom Bund der Steuerzahler erklärt, dass alle Optionen auf geltenden Umsatzsteuerrecht beruhen: „Man muss zwischen einem Landwirt und einem Gewerbetreibenden unterscheiden, genauso wie man zwischen einer Pflanze und einem Kunstbaum unterscheiden muss“.

Der Steuerzahlerbund fordert eine grundsätzliche Vereinfachung der Gesetze. Vorstellbar wäre für den Bund der Steuerzahler ein ermäßigter Steuersatz für lebensnotwendige Güter wie Nahrung und Medizin, alle anderen Güter würden einem Regelsteuersatz unterliegen. Dieser sollte aber nicht zwingend bei 19 Prozent bleiben, sondern müsste gesenkt werden.

Steuerzahlerbund kritisiert das System

Eine letzte, fünfte Version gibt es noch: Der Kauf bei einem Kleinunternehmer, der keine Umsatzsteuer erheben muss, wenn sein Jahresumsatz unter 17 500 Euro liegt. Wird der Christbaum von einem Kleinunternehmer verkauft, zahlt der Kunde gar keine Steuer. Aber auch hier gibt es sie wieder, die Ausnahme von der Ausnahme: Ein Kleinunternehmer kann sich freiwillig dazu entscheiden, Umsatzsteuer zu erheben.

Wem nun der Kopf schwirrt wie nach einem längeren Ausflug zum Glühweinstand: Als Verbraucher hat man immerhin den Vorteil, dass man nur den schönsten Baum in der richtigen Größe finden muss. Über die korrekte Besteuerung müssen sich die Verkäufer Gedanken machen.