Vor einem Jahr hat das Unternehmen Bosch seine Kräfte für den Elektroantrieb in Ludwigsburg gebündelt. Dort arbeiten Ingenieure an der Alternative für den Verbrennungsmotor.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Ludwigsburg - Die Urheberschaft für den Prototypen ist deutlich gekennzeichnet: „Bosch“ steht in Großbuchstaben auf seinem Nummernschild. Bei dem Auto wurde der Verbrennungsmotor durch einen Elektroantrieb ersetzt. „Der geht ab wie der Teufel“, sagt Ingo Ramesohl. Seine Mitarbeiter haben sämtliche Komponenten geliefert, die den Kleinwagen mit Strom vorwärts bringen. „Das Geschäft geht gerade auf wie ein Blumenstrauß“, sagt der Ingenieur über die Entwicklung der Bosch-Sparte für Elektrofahrzeuge und Hybridsysteme. Dafür wurden vor einem Jahr in Ludwigsburg die Kräfte gebündelt: 150 Mitarbeiter sind in der Schwieberdinger Straße damit beschäftigt, Fahrzeuge zu elektrifizieren, 70 Kollegen von EM-Motive, dem Joint-Venture mit Daimler, kommen dazu. Das Gebäude bietet noch Platz für 230 Schreibtische mehr.

 

Erst 2004 wurde der Geschäftsbereich Elektrofahrzeuge und Hybridsysteme gegründet, momentan dirigiert Ingo Ramesohl 1200 Mitarbeiter weltweit, weitere 600 arbeiten in anderen Abteilungen an der Elektrifizierung des Verbrennungsmotors. Im Bosch-Spektrum ist die Sparte zwar noch ein Winzling: Das übergeordnete Gebiet Kraftfahrzeugtechnik hat 177 000 Mitarbeiter und sorgt für fast 60 Prozent des Umsatzes von mehr als 52 Milliarden Euro. Aber in der Elektromobilitätsbranche ist das Unternehmen laut Ingo Ramesohl „ganz vorne dabei“. So gut wie in allen deutschen ganz und teilweise mit Strom betriebenen Autos steckt ein Teil von Bosch. Ford, Chrysler und Volvo sind Kunde sowie der chinesische Hersteller Saic. Mit Peugeot brachten die Ingenieure den erfolgreichsten europäischen Hybrid auf den Markt. Er hat sich mehr als 30 000-mal verkauft.

Ende 2014 mit 30 Serienprojekten am Markt

„Monatlich kommen neue Fahrzeuge dazu“, sagt der 44-Jährige. Für Ende 2014 rechnet er damit, mit rund 30 Serienprojekten am Markt zu sein. In Ludwigsburg sitzen vor allem Ingenieure und Techniker, die am Antriebsstrang arbeiten. Sie entwickeln die Produkte der nächsten Generation. Mit den Kunden wird gerade diskutiert, was 2020 auf die Straße kommt: Es geht um eine höhere Leistungsdichte, um neue Formen und Designs, andere Materialien. Jeder Hersteller wünscht einen anderen Aufbau oder spezielle Drehmomente. „Und es geht immer um billiger“, sagt der Bereichsleiter. Das Ziel ist es, statt Einzelteilen wie Einspritzpumpen, Steuergeräten oder Sensoren, der Kundschaft künftig den kompletten Antriebsstrang zu liefern. Nur der Autofabrikant Toyota stellt die Komponenten größtenteils selbst her.

„Unser Bereich ist eines der interessantesten Gebiete, die Bosch zu bieten hat“, findet Ingo Ramesohl, „da sind noch Innovationssprünge möglich“. Mit 400 Millionen Euro im Jahr investiert das Unternehmen fast ein Zehntel seines Forschungsetats in die E-Mobilität. Dabei stehen nicht nur Antrieb und Batterie im Fokus, sondern auch die Infrastruktur. In Singapur läuft zum Beispiel ein Projekt mit Ladesäulen, um zu untersuchen, wie sich die E-Mobilität in einer Metropole entwickeln könnte. In Waiblingen beschäftigen sich Boschler mit möglichen Abrechnungssystemen für solche Ladesäulen. Tesla, der US-Produzent von Elektro-Sportwagen, versucht beispielsweise den deutschen Markt über ein bundesweites Stromtankstellennetz zu erobern, wo es den Treibstoff kostenlos gibt. Überhaupt ist der Markt umkämpft, Continental und ZF heißen die deutschen Konkurrenten, Denso, das zu Toyota gehört, Hitachi und Samsung die asiatischen.

„Die E-Mobilität ist nicht mehr aufhaltbar.“

„Ich bin überzeugt, dass sich die E-Mobilität durchsetzen wird“, sagt Ingo Ramesohl, „sie ist nicht mehr aufhaltbar“. Zwar hätten die Menschen schon in den 1970er Jahren gedacht, dass es damit los geht, als es kein Öl mehr gab. Doch die Entwicklungszeiten seien länger gewesen als gedacht. Im Jahr 2020 rechnet der Ingenieur mit zwölf Millionen elektrisch betriebenen Fahrzeugen weltweit. Zehn Prozent aller Neuwagen werden seiner Meinung nach dann entweder ganz oder teilweise mit Strom betrieben. Wenn Ingo Ramesohl Testfahrzeuge nach Hause mitnimmt, sind seine Kinder – zwischen sieben und zwölf Jahre alt – begeistert. „Wenn sie 18 sind, fahren sie elektrisch“, sagt er, „für die nächste Generation wird es selbstverständlich“. Ausschlaggebend dafür wird nicht ein freudloser Umweltschutzgedanke sein, sondern Emotionen, der Spaß beim Fahren, glaubt Ingo Ramesohl. Das zeigt seiner Meinung nach der Prototyp: „Elektroautos sind viel agiler, erst recht in der Stadt, und das wird die Leute überzeugen.“