Die Luftschläge gegen eine Klinik der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen, die etwa 20 Menschenleben forderten, sind bezeichnend für die desolate Lage in Nordafghanistan. Die Situation müsste neu auf den Prüfstand gestellt werden, meint Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Kundus - Aus gegebenem Anlass sei an die blutigste Militäraktion der Bundeswehrgeschichte erinnert: Vor sechs Jahren ließ der damalige Oberst Klein bei Kundus zwei Tanklastzüge von US-Jets bombardieren – mehr als 100 Afghanen kamen dabei um. Seine schärfsten Kritiker waren amerikanische Militärs. Man kann nur hoffen, dass diese jetzt – nach dem folgenreichen Beschuss einer Klinik ein paar Kilometer entfernt – mit dem gleichen Aufklärungseifer zur Sache gehen. Sogenannte Kollateralschäden dieses Ausmaßes sind nie hinzunehmen, ohne die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

 

Nachdenken über einen neuen Kampfeinsatz

Die Tragödie ist bezeichnend für die desolate Lage in Nordafghanistan, die allerdings absehbar war. Durch den Rückzug der verbliebenen Soldaten in die Lager haben die Nato-Truppen Platz gemacht, so dass die Taliban vordringen können. Die nun diskutierte Verlängerung der Beratermission dürfte dies nicht nachhaltig verhindern. Die afghanischen Sicherheitskräfte können die Terroristen nicht allein vertreiben. Ihre Unterstützung aus der Luft reicht nicht und ist sogar kontraproduktiv – siehe Kundus. Wer militärisch wirksam helfen wollte, müsste über einen erneuten Kampfeinsatz nachdenken. Dazu ist derzeit keine Nation bereit. Der Blick nach Syrien und in den Irak lehrt jedoch, dass ein weiterer Brandherd verheerende Folgen hätte.