Für seine vorläufig letzte Bundesratssitzung verordnet sich der scheidende baden-württembergische Ministerpräsident Mappus Routine.

Berlin - Er ist auch an diesem Tag, an dem es nicht mehr darauf ankommt, überpünktlich. Kurz vor halb zehn fährt der scheidende Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) vor dem Berliner Bundesratsgebäude vor. Am Eingang sind Kameras aufgebaut, doch er geht an ihnen vorbei. In schnellem Schritt eilt er die Treppen hinauf, für Fragen von Journalisten hat er keine Zeit. Was das für ein Gefühl sei, vorerst zum letzten Mal an einer Bundesratssitzung teilzunehmen, will ein Reporter wissen. "Das sind unterschiedliche Gefühle, aber darüber muss man nicht reden", sagt er einsilbig und entschwindet.

 

An diesem Tag ist in der Länderkammer auch im offiziellen Programm viel von Abschied die Rede. Gleich nach der Eröffnung der Sitzung weist Vizepräsident Jens Böhrnsen (SPD) darauf hin, dass Wolfgang Böhmer (CDU), der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, am Samstag zum letzten Mal teilnimmt. Es folgt eine kurze Würdigung, die Böhmer zuteil wird, nicht aber Mappus. Der Grund dafür ist einfach: Böhmer tritt in den Ruhestand und erhält nach den Regularien des Bundesrates eine kurze Abschiedsrede. Dass Mappus zum letzten Mal in der ersten Reihe sitzt, bleibt unerwähnt. Die Logik des Protokolls ist schnell erklärt: Denkbar ist schließlich, dass Mappus irgendwann in der Zukunft wieder Mitglied der Länderkammer wird.

Der Bundesrat ist ohnehin kein Ort für große Emotionen. Nach Reden im Plenum gibt es in der Regel keinen Beifall. Während der Bundesratsvizepräsident Böhmer alles Gute wünscht, sind viele Ministerpräsidenten in ihre Akten vertieft. Die Umweltministerin Tanja Gönner, die an diesem Tag ebenfalls das letzte Mal dabei ist, gesteht, dass sie bei Böhmers Abschied kurz Wehmut überkam. Der Stimmung gibt sie aber nicht lange nach. "Solange die Amtsübergabe noch nicht erfolgt ist, wird der Abschied nicht realisiert", erzählt die Ministerin. Die Sentimentalität hält sich bei Frau Gönner auch deshalb in Grenzen, weil sie die Ministerpräsidenten der Union auch im Bundesvorstand der CDU wiedertreffen wird.

Mappus tut Hessens Ministerpräsident leid

Stefan Mappus absolviert die Sitzung wie viele andere zuvor. Während der Reden schreibt er Nachrichten auf seinem Taschencomputer, liest Papiere. Einmal, als Bundesratsminister Wolfgang Reinhart über die Europapolitik spricht, schaut Mappus kurz auf. Dann haftet sein Blick wieder am Computer.

Wie die Ministerpräsidenten aus den Ländern über den Regierungswechsel in Baden-Württemberg denken, kann man auf den Fluren des Bundesrats erfahren. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sagt, sein Kollege tue ihm leid. "Die herausragenden Leistungen der Landespolitik seien hinter den Ereignissen in Japan zurückgetreten", meint Bouffier. Er spricht von Tragik. "Im politischen Geschäft hat man manchmal Glück und mitunter eben auch Pech." Ähnliche Worte des Trostes müssen am Vorabend bei der Kaminrunde mit der Kanzlerin gefallen sein. Von Angela Merkel und den Unionsministerpräsidenten erhielten Mappus und Reinhart CDs mit klassischer Musik als Geschenk. In der Kaminrunde findet bei gutem Essen und Wein immer die inoffizielle Verabschiedung statt. Im Bundesrat ist dafür keine Zeit. Als sich Mappus nach zwei Stunden aufmacht, da gibt es noch Schulterklopfen und Aufmunterungen, das war's.

Die Veränderungen in der Landespolitik bringen auch in der Bundespolitik Umwälzungen mit sich. Seit Mitte der sechziger Jahre fällt Baden-Württemberg die Aufgabe zu, die Unionsländer im Bundesrat zu koordinieren. Dabei handelt es sich um eine traditionsreiche Rolle, die mit Einfluss verbunden ist. Der Bundesratsminister Reinhart, der mehr als sechs Jahre die Fäden zusammenhielt, erwarb sich in Berlin große Anerkennung. Jetzt strecken Regierungsmitglieder aus Hessen und Niedersachsen die Finger. Die Geschäfte müssen rasch weitergehen.