Es ist dem starren Frage-und-Antwort-Schema geschuldet, dass zwischen den beiden Bewerbern kein Streitgespräch aufkommen kann. Zum Schlagabtausch kommt es selten. Wenn, dann forciert Schulz die Verschärfung. Zweimal greift er zu einem rhetorischen Mittel, das die Kanzlerin gar nicht nutzt. Er spricht sie direkt an und stellt ihr eine Frage: Einmal geht es um Flüchtlinge. Merkel verteidigt ihre Politik. Schulz kontert: „Gestatten Sie mir eine Frage. Wir haben erlebt, wie Herr Orban gegen die deutsche Flüchtlingspolitik kämpfte, mit ziemlich bösen Worten auch Ihnen persönlich gegenüber. Warum hat ihn eigentlich dann Horst Seehofer als Ehrengast bei der CSU eingeladen?“ Ein Weg, die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Schwesterparteien der Union ins Gespräch zu bringen.

 

Das andere Mal geht es um die Polizei. Merkel wird mal scharf. Leider gebe es Bundesländer, natürlich SPD-geführt, in denen es keine Schleierfahndung gebe, nicht die Möglichkeit zur Videoüberwachung, und in denen Polizisten gekennzeichnet würden, weil man ihnen misstraue. „Dann muss man sich nicht wundern, wenn Polizisten sich im Stich gelassen fühlen.“ Es brauche ein Maß gleicher Sicherheit. In Bayern etwa gebe es bessere Ausrüstung und bessere rechtliche Möglichkeiten. Schulz will das nicht auf sich sitzen lassen. Gegen den Protest der Moderatoren drückt er folgende Bemerkung durch: „Darf ich Ihnen mal eine Frage stellen: Kennen Sie das Bundesland in Deutschland, das 2016 die höchste Kriminalitätsrate hatte?“ Das bleibt nicht ohne Wirkung. Merkel weiß es nicht. „Verraten Sie es mir einfach“, sagt sie. Es ist Sachsen-Anhalt. „Seit 20 Jahren CDU-regiert“, wie Schulz triumphiert.

Höflichkeit als rhetorische Waffe

Dann wird er mal ganz direkt. „Immer der gleiche Trick“, raunzt er. Immer drauf auf Rot-Grün. „Hören Sie doch auf mit dem Schwarzer oder Roter Peter-Spiel.“ Solche direkten Attacken gibt es von Merkel nicht. Sie arbeitet da indirekter. Beispiel Koalitionsfragen. Koalitionen mit Linken oder AfD schließt sie aus. „Und ich finde, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer einen Anspruch darauf haben, dieses auch von der SPD zu hören.“ Ein Wirkungstreffer. Jetzt muss Schulz reagieren – und weicht aus. „Ich bewerbe mich dafür, die SPD so stark wie möglich zu machen. Wer nach der Bundestagswahl dann mit uns eine Regierung bilden will, kann auf uns zukommen.“ Noch ein anderes Mal wird Merkel außergewöhnlich deutlich. Da geht es um Gerhard Schröders Karriere beim russischen Staatskonzern Rosneft. „Er untergräbt die Sanktionen, die die Europäische Union erhoben hat. Das ist ein sehr trauriger Zustand.“ Schulz, der in der Sache Merkel nicht widerspricht, muss Schröder tapfer ob seiner Lebensleistung verteidigen, aber man merkt, dass ihm die Sache nicht angenehm ist.

Ansonsten geht man freundlich miteinander um. Merkel betont mehrmals, wo sie Schulz schon gut zusammen gearbeitet habe. Höflichkeit ist staatsmännisch – und deshalb auch eine rhetorische Waffe. Manchmal ist sie ein Ausweg. Merkels überaus klare Festlegung darauf, dass es mit ihr keine Heraufsetzung des Renteneintrittsalters auf 70 geben werde, nimmt Schulz ein wichtiges Argument aus der Hand. Wie reagiert man da? Am besten als guter Verlierer. „Find ich toll. Frau Merkel, a la bonneheure!“ Und dreißig Sekunden später: „Ganz toll“.

Was noch auffiel: Weder wucherte Merkel mit dem Amtsbonus, noch trumpfte Schulz mit Sätzen wie „Ich als Bundeskanzler werde…“ auf. Stattdessen wählte er mehrmals die bescheidenere Formulierung „Wenn ich Bundeskanzler wäre und die Bürger und Bürgerinnen geben mir dafür das Mandat…“. Ob freilich Bescheidenheit die angemessene Tugend eine Kanzlerkandidaten ist, das müssen die Wähler entscheiden.

Immerhin gibt es hier in Nuancen Unterschiede. In Sachen Trump ist man sich eigentlich völlig einig. Aber auch hier formuliert Schulz viel härter. „Ein Mann, der mit Tweets jede Niedertracht in die Welt setzt, dem bei der persönlichen Verunglimpfung seiner Gegner jedes Mittel recht ist, der ganze Bevölkerungsgruppen verleumdet, dem es nicht gelingt, sich vom Nazi-Mob zu distanzieren – dem muss ein deutscher Kanzler doch sagen: Ihre Politik wird niemals die Politik der Bundesrepublik Deutschland.“ Das meint Merkel wohl auch. Nur sagt sie es anders: Die Zusammenarbeit habe „auf der Basis gemeinsamer Werte stattzufinden. „Wir haben schwerwiegende Differenzen mit dem amerikanischen Präsidenten. Wir haben auf der anderen Seite Notwendigkeiten zur Kooperation. „Aber ob es Klima ist, ob es die Äußerungen nach Charlotteville sind, den schrecklichen rassistischen Attentaten – da stockt einem der Atem, und da müssen wir deutlich ansprechen, wo die Differenzen sind.“

Eine Seltenheit: Merkel und Schulz reagieren scharf

Es ist dem starren Frage-und-Antwort-Schema geschuldet, dass zwischen den beiden Bewerbern kein Streitgespräch aufkommen kann. Zum Schlagabtausch kommt es selten. Wenn, dann forciert Schulz die Verschärfung. Zweimal greift er zu einem rhetorischen Mittel, das die Kanzlerin gar nicht nutzt. Er spricht sie direkt an und stellt ihr eine Frage: Einmal geht es um Flüchtlinge. Merkel verteidigt ihre Politik. Schulz kontert: „Gestatten Sie mir eine Frage. Wir haben erlebt, wie Herr Orban gegen die deutsche Flüchtlingspolitik kämpfte, mit ziemlich bösen Worten auch Ihnen persönlich gegenüber. Warum hat ihn eigentlich dann Horst Seehofer als Ehrengast bei der CSU eingeladen?“ Ein Weg, die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Schwesterparteien der Union ins Gespräch zu bringen.

Das andere Mal geht es um die Polizei. Merkel wird mal scharf. Leider gebe es Bundesländer, natürlich SPD-geführt, in denen es keine Schleierfahndung gebe, nicht die Möglichkeit zur Videoüberwachung, und in denen Polizisten gekennzeichnet würden, weil man ihnen misstraue. „Dann muss man sich nicht wundern, wenn Polizisten sich im Stich gelassen fühlen.“ Es brauche ein Maß gleicher Sicherheit. In Bayern etwa gebe es bessere Ausrüstung und bessere rechtliche Möglichkeiten. Schulz will das nicht auf sich sitzen lassen. Gegen den Protest der Moderatoren drückt er folgende Bemerkung durch: „Darf ich Ihnen mal eine Frage stellen: Kennen Sie das Bundesland in Deutschland, das 2016 die höchste Kriminalitätsrate hatte?“ Das bleibt nicht ohne Wirkung. Merkel weiß es nicht. „Verraten Sie es mir einfach“, sagt sie. Es ist Sachsen-Anhalt. „Seit 20 Jahren CDU-regiert“, wie Schulz triumphiert.

Höflichkeit als rhetorische Waffe

Dann wird er mal ganz direkt. „Immer der gleiche Trick“, raunzt er. Immer drauf auf Rot-Grün. „Hören Sie doch auf mit dem Schwarzer oder Roter Peter-Spiel.“ Solche direkten Attacken gibt es von Merkel nicht. Sie arbeitet da indirekter. Beispiel Koalitionsfragen. Koalitionen mit Linken oder AfD schließt sie aus. „Und ich finde, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer einen Anspruch darauf haben, dieses auch von der SPD zu hören.“ Ein Wirkungstreffer. Jetzt muss Schulz reagieren – und weicht aus. „Ich bewerbe mich dafür, die SPD so stark wie möglich zu machen. Wer nach der Bundestagswahl dann mit uns eine Regierung bilden will, kann auf uns zukommen.“ Noch ein anderes Mal wird Merkel außergewöhnlich deutlich. Da geht es um Gerhard Schröders Karriere beim russischen Staatskonzern Rosneft. „Er untergräbt die Sanktionen, die die Europäische Union erhoben hat. Das ist ein sehr trauriger Zustand.“ Schulz, der in der Sache Merkel nicht widerspricht, muss Schröder tapfer ob seiner Lebensleistung verteidigen, aber man merkt, dass ihm die Sache nicht angenehm ist.

Ansonsten geht man freundlich miteinander um. Merkel betont mehrmals, wo sie Schulz schon gut zusammen gearbeitet habe. Höflichkeit ist staatsmännisch – und deshalb auch eine rhetorische Waffe. Manchmal ist sie ein Ausweg. Merkels überaus klare Festlegung darauf, dass es mit ihr keine Heraufsetzung des Renteneintrittsalters auf 70 geben werde, nimmt Schulz ein wichtiges Argument aus der Hand. Wie reagiert man da? Am besten als guter Verlierer. „Find ich toll. Frau Merkel, a la bonneheure!“ Und dreißig Sekunden später: „Ganz toll“.

Was noch auffiel: Weder wucherte Merkel mit dem Amtsbonus, noch trumpfte Schulz mit Sätzen wie „Ich als Bundeskanzler werde…“ auf. Stattdessen wählte er mehrmals die bescheidenere Formulierung „Wenn ich Bundeskanzler wäre und die Bürger und Bürgerinnen geben mir dafür das Mandat…“. Ob freilich Bescheidenheit die angemessene Tugend eine Kanzlerkandidaten ist, das müssen die Wähler entscheiden.