Im Prozess um den gewaltsamen Tod von Nadine E. aus Ludwigsburg wird deutlich, wie schwierig die Spurensuche der Ermittler war. Allein zum Todeszeitpunkt gibt es verschiedene Expertenmeinungen.

Ludwigsburg - Das öffentliche Interesse am Fall der getöteten Nadine E. aus Ludwigsburg ist beim Prozessauftakt am Montag groß gewesen – und am zweiten Verhandlungstag ließ es nicht nach. Erneut versammelten sich Dutzende Familienangehörige, Freunde und Neugierige im Stuttgarter Landgericht.

 

Im Fokus der Schwurgerichtskammer stand am Mittwoch unter anderem die Spurenlage, die zur Verhaftung des angeklagten Ehemanns im August geführt hat. Ihm wirft die Staatsanwaltschaft vor, seine Frau im Oktober 2015 im Streit erwürgt und ihre Leiche dann in ein Gebüsch nahe der S-Bahn-Station Favoritepark geschafft zu haben. Dort entdeckte eine Einsatzhundertschaft der Polizei die Leiche – eine Woche, nachdem die 36-Jährige als vermisst gemeldet wurde. Seit seiner Verhaftung bestreitet der 43-Jährige jede Verbindung zur Tat. Er habe seiner Frau nie etwas antun können, ließ er seine Verteidigerin beim Auftakt am Montag erklären.

Eine besondere Bedeutung, das wurde am Mittwoch deutlich, kommt für die Kriminaltechniker grauen Mikrofasern zu. Diese wurden, so erklärte eine Beamtin im Zeugenstand, am Hals der Leiche, am Leichenfundort, im Auto des Opfers, vor allem aber im Haus der Familie gefunden. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Mikrofasern von Handschuhen stammen, die der Angeklagte bei der Tat getragen haben soll.

Gefunden wurden die Handschuhe indes bis heute nicht. Die Spuren im Auto stellten die Polizisten am Lenkrad, auf dem Beifahrersitz und an der Heckklappe des VW Caddy sicher. In ihrer Anklage geht die Staatsanwaltschaft daher davon aus, dass der 43-Jährige den toten Körper seiner Frau mit dem VW in die Reuteallee fuhr, die Leiche von dort wenige Meter ins Gebüsch schleifte und dann den Caddy auf einem nahegelegenen Parkplatz abstellte.

Die Ermittlerin zeichnete am Mittwoch eine mühsame Spurensuche nach. Als die Leiche am 20. Oktober gefunden wurde, sei der Körper nass gewesen, verwertbare DNA-Spuren hätten daher kaum festgestellt werden können. Stattdessen fanden die Beamten auf dem Bauch der Leiche zwei Haare – eines von Nadine E. selbst, ein zweites ordnet die Polizei dem Angeklagten zu. Jedoch war offenbar keine Standard-Analyse des Haares möglich. Spezialisten in Freiburg hätten aber herausgefunden, dass das Haar vom Angeklagten oder einem in mütterlicher Linie Verwandten stammt. „Es kommen aber auch alle Brüder in Betracht“, sagte die Beamtin.

Mehrere Gutachter und Experten mussten die Ermittler auch zurate ziehen, als es um die Frage des genauen Todeszeitpunktes von Nadine E. ging. Eine Gerichtsmedizinerin geht von einer Liegezeit der Leiche von zwei bis vier Tagen aus – das würde der Anklage der Staatsanwaltschaft zuwider laufen. Sie behauptet, der Angeklagte habe seine Frau am 12. Oktober getötet und ihre Leiche noch in der Nacht, also mindestens sieben Tage vor dem Fund, in das Gebüsch geschafft. Weitere Gutachter mit anderen Methoden hätten aber andere Ergebnisse präsentiert, erklärte die Polizistin: Laut dieser Expertisen könnte der tote Körper auch eine Woche oder noch länger nahe den S-Bahn-Gleisen gelegen haben.

Befragt wurden am Mittwoch auch die jeweiligen neuen Partner des Ehepaars E., das zwar noch unter einem Dach, aber getrennt lebte. Rund fünf Monate vor ihrem Verschwinden habe er ein Verhältnis mit Nadine E. begonnen, sagte ein Arbeitskollege. Dabei sei es ihm von Beginn an um eine ernsthafte Beziehung gegangen, nicht um eine Affäre – auch wenn er selbst verheirateter Familienvater sei. Seine Frau wusste laut dem 36-Jährigen lange nichts von der außerehelichen Beziehung – erst die Polizei habe es ihr im Laufe der Ermittlungen eröffnet. Druck, seine Ehe zu beenden oder die Beziehung öffentlich zu machen, habe er vom späteren Opfer nicht erlebt, sagte der Automechaniker. Laut Freundinnen und Arbeitskolleginnen war Nadine E. aber zunehmend ungehalten über die Geheimniskrämerei in der neuen Beziehung. Sie sei sich gegenüber ihrem neuen Freund wie eine Stalkerin vorgekommen, berichtete eine Kollegin.

Während der Ermittlungen wurden von dem 36-Jährigen DNA-Proben genommen. Anhand der Spuren habe man ihn aber als Täter ausgeschlossen, sagte eine Polizistin.

Auch der Angeklagte hatte nach der Trennung von seiner Frau eine neue Freundin. Sie habe ihn als „sehr liebevoll“ kennengelernt, sagte die Frau. An dem mutmaßlichen Tatabend habe sie mit dem 43-Jährigen per Handy gechattet. „An dem Abend war nichts Komisches.“