Der Stuttgarter Autokongress hat sich mit der Weiterentwicklung der Motorentechnologie beschäftigt. Nicht nur bei der Herstellung des Kraftstoffs, sondern auch bei einer zunehmenden Zahl von Nebenaggregaten spielt die Elektrifizierung eine wachsende Rolle.

Stuttgart - Wie man es dreht und wendet: der Transportsektor wird weltweit in den kommenden Jahrzehnten wachsen – und damit auch der Ausstoß des Treibhausgases CO2. An diesem Trend ändert auch die Tatsache nichts, dass die Motoren immer effizienter und sparsamer werden und damit weniger CO2 in die Luft pusten. Von diesem Zusammenhang ist jedenfalls Rolf Leonhard überzeugt, der beim Unternehmen Bosch lange Jahre Mitglied des Bereichsvorstands Dieselsysteme war. Erst von 2040 sei mit einer Trendwende zu rechnen, sagte er jetzt auf dem 15. Internationalen Stuttgarter Symposium Automobil- und Motorentechnik.

 

Schon heute schreiben Europa, die USA und andere Länder der Autoindustrie konkrete Ziele vor, wie viel CO2 ihre Autos in Zukunft einsparen müssen. Das europäische Ziel von 130 Gramm pro Kilometer für 2015 wird von den deutschen Autobauern wohl erreicht – 2014 waren es 133 Gramm pro Kilometer. Aber die nächsten Ziele sind schon anvisiert, 2050 schließlich sollen es gerade einmal 30 Gramm pro Kilometer sein. Da kommen die Autobauer mit dem Verbrennungsmotor an die physikalisch möglichen Grenzen. Mit Effizienz, Elektroautos und Biokraftstoff allein seien diese CO2-Reduktionsziele nicht zu erreichen, davon ist Leonhard überzeugt – zumal vor allem weltweit der verbrauchsintensive weltweite Lastwagenverkehr noch kräftig zulegen wird.

Als Ausweg aus diesem Dilemma bieten sich nach Leonhards Meinung eigentlich nur die sogenannten Elektrokraftstoffe an. Das sind Sprit und Gas, die mit Hilfe von Ökostrom gewonnen werden. „Power to Gas“ und „Power to Liquid“ sind hier die Stichworte, also die energieintensive chemische Zerlegung von Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff, der direkt als Antriebsmittel etwa für Brennstoffzellen dient oder zusammen mit Kohlendioxid in Methan und weiter in Methanol umgewandelt werden kann. Das allerdings ist bisher wenig effizient. Leonhard nennt als oberste, derzeit verfügbare Marke einen Wirkungsgrad von 68 Prozent – aber die Elektrolysetechnik sei bisher kaum weiterentwickelt worden. Damit wird ein solchermaßen gewonnener Kraftstoff etwa zwei- bis viermal teurer als traditioneller Treibstoff. Szenarien von drei, vier oder gar fünf Euro je Liter werde es aber nicht geben, sagt Leonhard. Er erinnert gleichzeitig daran, dass die Motoren immer sparsamer werden.

Diesel- und Benzinmotor haben noch Sparpotenziale

Dass sowohl beim Diesel- als auch beim Benzinmotor noch erhebliche Sparpotenziale bestehen, das wurde auf dem Stuttgarter Kongress immer wieder deutlich. Eine Möglichkeit ist, Nebenaggregate wie Kühlmittelpumpe oder Turbolader nicht direkt mit dem Motor zu betreiben, sondern bei Bedarf über Elektromotoren. Diese könnten in Zukunft von einem kräftigeren 48-Volt-Bordnetz mit Strom versorgt werden. Fritz Steinparzer, der die Dieselmotorenentwicklung bei BMW im österreichischen Steyr leitet, rechnet bei einer solchen Elektrifizierung mit einer Kraftstoffeinsparung von zehn Prozent.

Er betont auch, dass es in Zukunft nicht unbedingt darum gehen könne, aus einem kleineren Zylindervolumen immer mehr Leistung herauszukitzeln und damit Sprit zu sparen. Vielmehr komme es verstärkt auf die Wahl des zum jeweiligen Auto passenden Zylindervolumens an. So biete ein Motor mit höherem Zylindervolumen bei höherer Last Vorteile – also etwa in einem größeren Auto bei höherer Geschwindigkeit. Eine große Herausforderung bei der Weiterentwicklung des Diesels sind nach wie vor die Stickoxide im Abgas, die mit teils aufwendigen Maßnahmen gebändigt werden müssen. Elektrifizierung und die richtige Dimensionierung sind auch bei der Weiterentwicklung des Ottomotors wichtige Themen – wobei der Benzinmotor nach wie vor deutlich mehr Sprit verbraucht als der Dieselantrieb.

Chinesen und Amerikaner mögen keine Diesel

Gleichwohl wird der Ottomotor weltweit auch in Zukunft die dominierende Rolle spielen, weil viele Nationen – darunter die USA und China – sich mit dem Dieselmotor schwer tun. Neben bekannten Verbesserungen wie zweistufiger Turboaufladung und Direkteinspritzung arbeiten die Ingenieure hier auch an neuen Verbrennungskonzepten, wie Günter Fraidl von AVL List, einem österreichischen Entwicklungsunternehmen für Antriebskonzepte, auf der Stuttgarter Tagung berichtete. Auch eine variable Verdichtung im Zylinder sowie die Nutzung gekühlter Abgase wird wichtiger. Die Ideen zum Spritsparen und zur Leistungssteigerung scheinen den Ingenieuren auch beim Benziner jedenfalls nicht so schnell auszugehen.