In der Hauptverkehrszeit ist im gesamten Netz jeder vierte Zug bis zu drei Minuten verspätet. Die schlechtesten Werte gibt es auf den Linien S 1, S 2 und S 3. Auch die Fahrgäste bewerten die Pünktlichkeit mit der Note 3,1 – dem bisher negativsten Urteil.

Stuttgart - Die Panne ist pünktlich zur Pressekonferenz gekommen. Bevor am späten Vormittag die Deutsche Bahn und der Verband Region Stuttgart am Donnerstag die S-Bahn-Bilanz des vergangenen Jahres vorlegten, verursachte eine stehen gebliebene S 2 im morgendlichen Berufsverkehr im gesamten Netz Verspätungen von bis zu einer Viertelstunde. „Zuverlässigkeit Fehlanzeige“, twitterte ein erboster Fahrgast. Als wenig später Hans-Albrecht Krause, der Geschäftsführer der bahneigenen S-Bahn-Stuttgart, die Zahlen für 2013 offenbarte, bekam die Twitter-Botschaft die offiziellen Weihen. Noch nie waren die Pünktlichkeitswerte der S-Bahn so schlecht wie im vergangenen Jahr, noch nie bekam sie dafür so schlechte Noten von ihren Fahrgästen. „Die Ergebnisse sind alles andere als erfreulich“, sagte Jürgen Wurmthaler, der für den Nahverkehr zuständige VRS-Wirtschaftsdirektor, „der einstige Musterschüler S-Bahn Stuttgart liegt inzwischen deutschlandweit im Mittelfeld.“ Der Verband ist politisch für den S-Bahn-Verkehr zuständig und finanziert ihn (neben den Fahrgeldeinnahmen), den Betrieb erledigt im Auftrag des Verbands die Bahn-Tochter DB Regio.

 

Allerdings betonte Krause auch, dass die Zahl der Fahrgäste und die Verkehrsleistung im vergangenen Jahr so hoch waren wie noch nie. Rund 117 Millionen Menschen nutzten die S-Bahn, das sind 4,2 Prozent oder täglich 13 000 mehr als 2012. An Werktagen sind damit rund 390 000 Fahrgäste mit dem Verkehrsmittel unterwegs. Mit rund zehn Millionen Zugkilometern legten die S-Bahnen etwa 776 000 Kilometer (plus 8,4 Prozent) mehr zurück als im Vorjahr – und das auf Gleisen, die auch für den Fern- und Regionalverkehr der Bahn genutzt werden. „Das spricht für das System, das weiterhin ein unverzichtbarer Bestandteil des Verkehrsangebots in der Region ist“, sagte Krause, „die Fahrgäste kommen zu uns, weil wir für sie attraktiv sind.“ Dies belegten auch die guten Werte in den Bereichen Sicherheit und Sauberkeit. Er wies zudem darauf hin, dass mit den eingleisigen Abschnitten auf der S 4 zwischen Marbach und Backnang und auf der S 60 zwischen Böblingen und Renningen die betrieblichen Anforderungen gestiegen seien: „Wir hatten noch nie so viel Komplexität im System.“

Strafzahlung ist wegen S 21 ausgesetzt

Die Pünktlichkeitszahlen quittierte Krause mit den Worten „mäßig“, „überhaupt nicht zufriedenstellend“ und „bestürzend“. Von den Verspätungen seien oft die gleichen Züge in den morgendlichen und abendlichen Verkehrsspitzen betroffen. „Wir treffen dann immer wieder die gleichen Fahrgäste“, sagte er, die regelmäßig ihre Anschlüsse an andere Bahnen und Busse verpassten. Wurmthaler sprach davon, dass sich „die objektiv schlechte Pünktlichkeit deutlich im Urteil der Fahrgäste niederschlägt“. Mit der Note 3,1 falle das Urteil so schlecht wie noch nie aus, zumal damit einhergehe, dass die Unzufriedenheit über die Information bei Verspätungen ebenfalls von 2,8 auf 2,9 gestiegen sei. „Die Bahn bleibt damit hinter den vertraglich vereinbarten Zielen zurück“, betonte Wurmthaler, der zusätzlich zum geringeren Trassenentgelt für ausgefallene S-Bahn-Züge eine Million Euro von der Bahn zurückfordert. Darüber wird auch der regionale Verkehrsausschuss am 19. März beraten. Eine vertraglich vereinbarte Strafzahlung (sogenannte Pönale) ist wegen S 21 ausgesetzt.

Die Gründe für Verspätungen und Zugausfälle sind vielfältig. Auffallend ist, dass häufig Leit- und Signaltechnikstörungen die Ursache sind, aber auch kaputte Züge und Beeinträchtigungen durch Schienenbaustellen. Diese Einzelfälle führen dann – vor allem wegen des Engpasses im Tunnel in der Stadtmitte – zu Verspätungen anderer S-Bahnen im gesamten Netz. Diese sogenannte Sekundärverspätungen tragen zu zwei Dritteln zu den Verspätungswerten bei. Die Zahl der Zugausfälle misst die Bahn in Kilometern. Dieser Wert ist im vergangenen Jahr von 100 000 auf fast 150 000 Zugkilometer gestiegen. Das sei ein „klares Signal“, dass die Bahn in die Technik des Netzes investieren müsse, sagte Wurmthaler.

Die Bahn bleibt hinter ihren Zielen zurück

Die Pünktlichkeit der einzelnen Linien im Jahr 2013